Zum Tod des Architekten Arno Lederer : Häuser, die sich benehmen

Er hatte nicht nur einen Koffer in Berlin, sondern eine Wohnung, natürlich im Le Corbusier-Haus. Und wenn es auch kein Gebäude des Büros Lederer Ragnarsdóttir Oei an der Spree gibt, hat er doch Spuren hinterlassen. Denn Arno Lederer ist in die Fußstapfen seines Mentors Max Bächer getreten, als Vordenker der Architekturszene, als Autor und begehrter Festredner, als moralische Instanz und vor allem als Preisrichter bei den bedeutendsten Architekturwettbewerben in der Republik, etwa jenem für das Museum des 20. Jahrhunderts auf dem Kulturforum.

Anders als Bächer hat Arno Lederer viel gebaut, Sozialbauten mehrheitlich, Schulen, Theater, Museen, und es sind allesamt sehr schöne Bauwerke, wunderbar anzusehen, mit Atmosphäre und Anmutung. Wenn er auch lange Zeit als Bürosprecher im Vordergrund stand, sind die Bauten nicht ohne die Isländerin Jórunn Ragnarsdottir zu denken. 1992 trat zudem Marc Oei als Partner in das nun LRO firmierende Büro ein.

Lederer hatte Jórunn beim Studium an der TU Stuttgart kennengelernt. Sie wurde 1985 Büro- und Lebenspartnerin und später Mutter der vier Söhne. Entworfen haben sie gemeinsam. Nach und nach trat auch sie mehr in die Öffentlichkeit, ist in zahlreichern Gestaltungsbeiräten tätig und ist inzwischen häufig als Preisrichterin gefraqt.

Arno Lederer lehrte 1985-2014 als Professor an der HAT Stuttgart, an der Universität Karlsruhe und an der Universität Stuttgart. Fragt man nach den Besonderheiten der Bauten des Büros LRO, so ist es vordergründig der ästhetische Ausdruck, der auch „Normalbürgern“ etwas zu sagen hat. Keine kalte, unnahbare Beton- und Glasarchitektur, sondern warme Materialien und Farben, meist Ziegelfassaden, immer mit einem narrativen, einem erzählerischen Moment.

Viel klassische Moderne ist zu entdecken, aber nicht die abstrakte, sondern jene Erich Mendelssohns, elegant und dynamistisch, aber auch Verspieltes, hier und da ein Erker, ein rundes Treppenhaus an der Ecke, eine erstaunliche Arkatur aus Parabelbögen.

Jury-Präsident Arno Lederer posiert am 25. Februar 2016 in Berlin im Rahmen der Präsentation der 460 Beiträge zum Museum der Moderne.
Jury-Präsident Arno Lederer posiert am 25. Februar 2016 in Berlin im Rahmen der Präsentation der 460 Beiträge zum Museum der Moderne.
© picture alliance / dpa / Jörg Carstensen

LRO-Architektur hat, was der Moderne so schwerfällt, einen eigenen Charakter und gehört zu den wenigen Lande, die man heutzutage einem Büro zuordnen kann. LRO-Architektur passt deshalb in jede Altstadt. In Biberach zum Beispiel das mehrfach preisgekrönte Kunstmuseum mit den schwingenden Dächern und der Fassade aus wiederverwendeten Abbruchziegeln. Oder das Museum der Stadt Frankfurt am Römerberg, ein souverän gemeisterter Balanceakt zwischen örtlicher Nachkriegsmoderne und roter Sandsteingotik.

Lederer ging es immer darum, Häuser für die Allgemeinheit zu bauen, für den öffentlichen Raum, „Häuser, die sich benehmen“, hat er einmal gesagt.
Am vergangenen Samstag ist er in Stuttgart nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 75 Jahren verstorben.

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