Kolumne Berliner Trüffel, Folge 43: Es gibt noch Löwen im Tierpark
Einst lagen sie dem Deutschen Kaiser zu Füßen, bewachten Siegestrophäen und brachten durch ihr Gebaren die deutsche Haltung zu den Nachbarländern zum Ausdruck. Heute sind sie kraxelnden Kindern hilflos ausgeliefert, schon zweimal wurde ihnen ein Schwanz abgeschaukelt.
Die vier Bronzelöwen im Tierpark haben trotzdem Glück gehabt. Von den sage und schreibe 157 Tieren, die als Teil des Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals um die neun Meter hohe Reiterstatue im Zentrum herumfleuchten, überlebten nur die Raubkatzen – und ein einsamer Adler, der heute im Innenhof des Märkischen Museums seine Flügel spreizt.
Ansonsten ist von dem 1897 fertiggestellten neobarocken Koloss vor dem Stadtschloss, wo vielleicht irgendwann mal die Einheitswippe Touristen erheitern wird, nur noch der Sockel übrig. Von den Weltkriegen weitgehend verschont, fiel das von Reinhold Begas und Gustav Halmhuber konzipierte Monument 1950 der SED-Führung zum Opfer.
Auch die Löwen, modelliert von August Gaul (ruhender Löwe) und August Kraus (brüllender Löwe), wurden erstmal auseinandergenommen und eingelagert – bis sie der damals neue Direktor Heinrich Dathe in den Tierpark holte, wo sie seit 1963 vor dem Alfred-Brehm- Haus stehen. Echte Löwen gibt es dort zwar seit 2017 keine mehr, dafür Tiger und Leoparden.
Macht ja nichts, Modell für die Bronzefiguren stand auch schon ein Löwe von der Konkurrenz aus dem Zoologischen Garten. Groß und kräftig, dabei aber schlank und elegant sei das Tier aus der Transvaal-Republik in Südafrika gewesen, nicht allzu stark und schulterfreinbemähnt, daher ein „Liebling der Bildhauer“, schrieb der damalige Zoodirektor über seinen Schützling.
Seine bronzenen Abbilder sind von Zeit und – trotz Verbotsschildern und Stachelbuschwerk – besagtem kindlichem Spieltrieb mittlerweile sichtlich gezeichnet. Aber über zu wenig Aufmerksamkeit und Bewunderung können sie sich nicht beschweren. Den Schwanz kann kein Rabauke mehr zerstören – er ist mittlerweile durch eine Stahlstange gesichert.