Himmel hilf, FC Bayern!: Tuchel und die krakelige Handschrift
Du lieber Himmel, dieser Absturz. Und alle schauen ungläubig auf den Thomas. Dabei hätten alle wissen können: Dieser Thomas Tuchel ist ein Wagnis. Auch für den FC Bayern.
Gleich, wo er war, bei welchem Klub von Welt: Tuchel hatte relativ rasch fertig, um es mit Giovanni Trapattoni zu sagen. Die Oberen fanden ihn am Ende „weird“, zuletzt in Chelsea.
Ja, seltsam. Und dann macht er mit seinen Methoden die Mannschaft verrückt. Mag sein, dass er sie am Anfang verführt, aber Tuchel ist kein Pep Guardiola. Er wäre nur gerne einer. Und jetzt die Bayern. Wo will er hin? Welches Spielsystem soll es sein?
Seine Handschrift ist, im übertragenen Sinn, krakelig. Dreierkette, Viererkette, Konrad Laimer hinten, Joshua Kimmich, Leon Goretzka – einem Hansi Flick hätten sie die Experimente nicht durchgehen lassen. Und einen Julian Nagelsmann haben sie rausgeworfen. Aber auch die Führung nach innen: Hat Thomas Tuchel die kommunikative und menschliche Autorität für eine Mannschaft dieses Zuschnitts? Kann er ihr vermitteln, was geht und was nicht? Und worum es geht?
Tuchel behandelt vor allem Thomas Müller schlecht
Das scheint wirklich nötig zu sein oder mindestens zu werden. Tuchel behandelt aber ausgerechnet den, der sich von allen durch erwachsenes Verhalten abhebt, falsch. Nämlich schlecht. Wer da wohl gemeint ist? Na, der andere Thomas natürlich, der Müller Thomas. Wo ist der Kapitän, wenn man ihn braucht? Er zeigt sich in der Not. Und der heißt nicht Manuel Neuer.
Immer wieder Müller. Er analysiert, kommentiert, neben dem Platz. Aber er muss auf den Platz; denn einer wie er rackert immer, und das ist gerade jetzt wichtiger als die „Packing Rate“. Das ist Führen durch Vorbild! Bei Louis van Gaal – ein großer Trainer – galt: Müller spielt immer.
Warum spielt eigentlich Neuer jetzt immer? An drei der fünf Tore in Frankfurt hätte der Goalie eine Hand dranhaben müssen. Nur ein bisschen Show gemacht hat er. Dafür ist Neuer danach nicht aufgefallen. Er schwieg. Wie so oft. Zu oft.
Die Bayern sind Botschafter für Deutschlands Fußball in der Welt – Himmel hilf. Wir schauen ungläubig. Aber vielleicht soll es jetzt am Ende wirklich Bayer sein.