Hertha spielt 1:1 in Mainz: Schock in der Nachspielzeit
Wenige Minuten nach der Pause musste Hertha BSC eine echte Schrecksekunde überstehen. Frank Willenborg, der Schiedsrichter des Auswärtsspiels beim FSV Mainz 05, malte mit seinen Zeigefingern ein Rechteck in die Luft, dann begab er sich an die Seitenlinie, um dort auf Geheiß des Videoassistenten eine strittige Szene zu begutachten.
Es ging um eine Attacke von Herthas Kapitän Marvin Plattenhardt auf das Sprunggelenk des Mainzers Edimilson Fernandes, die der Schiedsrichter zunächst mit einer Gelben Karte geahndet hatte. Würde es statt Gelb nun nachträglich Rot für Plattenhardt geben? Eine gute halbe Minute benötigte Willenborg, dann beließ er es bei der Verwarnung für Herthas Linksverteidiger.
In dieser Szene kamen die Berliner noch einmal glimpflich davon. Generell konnte man das am Ende des Abends nicht mehr behaupten. 30 Sekunden vor Ablauf der vierminütigen Nachspielzeit traf der eingewechselte Anthony Caci zum 1:1 für die Mainzer, die lange vergeblich einem Rückstand hinterhergelaufen waren. Hertha sah bis dahin wie der sichere und verdiente Sieger aus. Am Ende aber blieb die Mainzer Serie bestehen. Schon sieben Spiele sind sie nun gegen die Berliner in der Fußball-Bundesliga ungeschlagen – so lange wie gegen kein anderes Team.
Auch für Herthas Trainer Sandro Schwarz endete der Abend, der so harmonisch und freundschaftlich begonnen hatten, damit äußerst schmerzhaft. Bei all den Begrüßungen und Umarmungen an der Seitenlinie war es fast ein kleines Wunder, dass es Schwarz überhaupt rechtzeitig zum Anpfiff auf seinen Platz in der Coaching-Zone geschafft hatte. Der Stadionsprecher wurde laut, als er den Trainer der Berliner ankündigte, „hier bei dir zu Hause“, die Kurve rief begeistert seinen Namen, genau wie den von Jean-Paul Boetius.
Der Holländer hatte bis zum Sommer noch in Mainz gespielt und stand am Freitag bei Hertha in der Startelf, weil er, wie erwartet, den erkrankten Suat Serdar, einen weiteren Ex-Mainzer, ersetzte. Sonst nahm Schwarz keine personellen Änderungen vor. Agustin Rogel, Neuverpflichtung aus Südamerika, stand erneut nicht einmal im Kader. Und mit seiner Eingewöhnung bei Hertha dürfte es auch weiterhin schwierig werden. Der Innenverteidiger ist jetzt erst einmal wieder weg: Rogel ist zum ersten Mal für Uruguays Nationalmannschaft nominiert worden.
Das Spiel entsprach ziemlich genau dem, was man erwartet, wenn Mainz 05 auf eine Mannschaft trifft, die von einem früheren Mainzer trainiert wird. Mit spielerischer Raffinesse wurden die 25.300 Zuschauer in der Mainzer Arena nicht unterhalten. Stattdessen gab es: Intensität und Zweikämpfe, vor allem im Mittelfeld.
Vor den beiden Toren passierte lange wenig. Gegen Ende der ersten Halbzeit wurde es zumindest im Mainzer Strafraum etwas aufregender. Eine knappe halbe Stunde war bereits gespielt, als Chidera Ejuke aus gut 25 Metern den ersten ernstzunehmenden Torschuss des Spiels abgab. Der Ball flog am Tor vorbei. Kurz vor der Pause musste der Mainzer Torhüter Robin Zentner dann sogar eingreifen, und er tat es – wieder bei einem Versuch von Ejuke – glänzend.
Zu diesem Zeitpunkt aber führte Hertha schon mit 1:0. Nach einer Hereingabe von Ejuke von der linken Seite rauschte Lucas Tousart in den Strafraum und vollendete per Kopf zur Führung für die Gäste. Beim Spiel in Augsburg vor zwei Woche hatte der Franzose aus ähnlicher Position noch eine ähnlich klare Kopfballchance ungenutzt gelassen.
Es geht eben voran: bei Tousart, aber auch bei Hertha. In der ersten Hälfte ließen die Berliner defensiv so gut wie gar nichts zu. Unmittelbar vor der Pause versuchte es Jae-sung Lee. Sein Schuss flog Richtung Eckfahne. So viel zu den Offensivbemühungen der erschreckend harmlosen Mainzer.
Deren Trainer Bo Svensson brachte zur zweiten Halbzeit mit Marlon Mustapha einen zweiten Stürmer. Schwarz hingegen musste den angeschlagenen Marc Kempf durch Marton Dardai ersetzen. Der Innenverteidiger hatte bis dahin ein richtig gutes Spiel gemacht.
Das Geschehen spielte sich nun deutlich mehr als vor der Pause in der Hälfte der Berliner ab, ohne dass Hertha dauerhaft unter Druck geriet. Dazu fehlten den Mainzern die spielerischen Möglichkeiten. Trotzdem musste die Mannschaft von Sandro Schwarz eine Menge Arbeit verrichten.
Die Berliner taten es mit großem Eifer, viel Einsatz und nicht immer erlaubten Mitteln. Mitte der zweiten Hälfte sahen Dodi Lukebakio, Dardai und Boetius fast im Minutentakt Gelb. Die Arena brodelte, aber Hertha trotzte allen Widerständen. Bis Caci in der letzten Minute der Nachspielzeit doch noch zum 1:1-Endstand traf.
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