Große Emotionen zum Abschied bei Niklas Stark
Niklas Stark spielte lange Zeit nicht mit. Zumindest nicht auf dem Rasen. Aber Niklas Stark spielte sehr wohl mit. Von der Bank aus. Immer wieder sprang der 27-Jährige während des Relegationsrückspiels von Hertha BSC beim Hamburger SV auf, klatschte, feuerte an. In der 85. Minute kam er für Suat Serdar rein, stand inklusive der langen Nachspielzeit in der mit Abstand wichtigsten Partie der jüngeren Vereinsgeschichte noch gut zehn Minuten auf dem Platz.
Es war ein Finale für Hertha, Klassenerhalt oder nicht. Und es war das finale Spiel für Stark bei Hertha. Nach sieben Jahren und 199 Pflichtspielen. Der zum Saisonende auslaufende Vertrag war nicht verlängert worden. Dabei hätten auch „wirtschaftliche Fragen“ eine Rolle gespielt, hatte Sportgeschäftsführer Fredi Bobic vor einigen Wochen mitgeteilt.
In entscheidenden Spielen wie gegen den HSV gehe es um „ein paar Prozent, die so wichtig sind. Diese Prozente habe ich versucht, mit den Jungs auf der Bank rauszuholen“, sagte Stark, der in der Endphase der Saison mehrmals mit Verletzungen zu kämpfen hatte, nach dem Sieg in Hamburg: „Ich finde es sehr wichtig, dass die Mannschaft spürt, dass sie die volle Unterstützung hat. Und die auf dem Platz haben es überragend gemacht.“
Am Ende war es gerade noch einmal gutgegangen für Hertha. Dank einer nach dem Hinspiel kaum noch für möglich gehaltenen Leistungssteigerung. So endete Starks Hertha-Zeit ohne Abstieg, dafür mit einem außergewöhnlichen Abend. „Das wird eine der Sachen sein, an die man sich zurückerinnert“, sagte Stark. Die Saison in der Europa League im Jahr 2017 gehöre ebenfalls dazu.
Eigentlich sei es noch viel früh, um alles zu rekapitulieren, fand Stark. Kurz schaute er dann doch zurück: „Ich habe gute Phasen mitgemacht, ich habe schlechte Phasen mitgemacht. Die letzten zwei, drei Jahre waren echt schwer.“ Gemeint waren die ständigen Nebengeräusche rund um den Klub, gepaart mit der sportlichen Dauerkrise.
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In den vergangenen Wochen war es ein Abschied von den Fans in mehreren kleinen Akten. Ein bisschen gegen den FSV Mainz 05. Ein bisschen mehr nach dem Hinspiel gegen den HSV, als bei allen Beteiligten große Niedergeschlagenheit herrschte. Stark bekam trotzdem Applaus von den Fans in der Ostkurve.
Am Montag, nach der Rettung, folgte der wirklich letzte Gang zu den Fans. Allein lief er rüber, nachdem zuvor Anhänger und Mannschaft gemeinsam den Klassenerhalt gefeiert hatten, und erhielt lang anhaltenden Beifall. „Irgendwie kriege ich es nicht gebacken, mich hundertprozentig zu verabschieden, das wird noch dauern“, sagte Stark emotional aufgewühlt: „Es ist alles surreal.“ Als Hertha ihn am Dienstag per Tweet verabschiedete, gab es sehr viel Dank seitens der Fans für den Abwehrspieler.
Niklas Stark kam 2015 aus Nürnberg zu Hertha BSC
Stark kam 2015 vom 1. FC Nürnberg. Er wurde unter Trainer Pal Dardai schnell Stammspieler, machte zwei Länderspiele. In schwierigen Zeiten – und die Zeiten waren in der jüngeren Vergangenheit bei Hertha fast durchgehend schwierig – war der Vizekapitän meist derjenige, der in der Öffentlichkeit sprach. Der versuchte, zu erklären, was schwer zu erklären war.
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Im vorigen Sommer hatte es Anzeichen für eine Fortsetzung der Verbindung Stark/Hertha gegeben. Doch beide Seiten sind sich in der Saison nie nahe gekommen, was eine Vertragsverlängerung anging. Detailliert äußern wollte sich Stark dazu auch jetzt nicht.
Stattdessen verabschiedete er sich mit Größe: „Ich wünsche dem Verein das Beste. Dass ein Fundament geschaffen wird, auf das man aufbauen kann und dass Hertha BSC wieder Hertha BSC wird.“
Wie es bei ihm weitergehen wird, ist noch offen. Erst einmal steht Urlaub an. Für die Zeit danach „gibt es ein paar Optionen“ sagte Stark, der seine sieben Jahre in Berlin wie folgt schloss: „Wenn man es komplett reflektiert, war es eine geile Zeit. Und eine lange Zeit für eine Fußballkarriere. Ich bin froh hier gewesen zu sein.“