„Er hat gescherzt, er war guter Stimmung, es geht ihm gut“
Der dänische Fußball-Nationalspieler Christian Eriksen muss nach seinem Kollaps weiter im Krankenhaus bleiben, ist nach Angaben seines Beraters aber auf dem Weg der Besserung. „Wir haben uns heute Morgen gehört. Er hat gescherzt, er war guter Stimmung, es geht ihm gut“, sagte Martin Schoots der „Gazzetta dello Sport“ vom Montag in einem am Sonntag geführten Interview. „Wir wollen alle verstehen, was ihm passiert ist, das will er auch: Die Ärzte machen gründliche Untersuchungen, das braucht Zeit“, ergänzte Schoots.
Der 29 Jahre alte Mittelfeldspieler Eriksen hatte am Samstagabend kurz vor der Halbzeitpause des Gruppenspiels gegen Finnland einen Herzstillstand erlitten und musste auf dem Rasen wiederbelebt werden. Im Krankenhaus in Kopenhagen stabilisierte sich sein Zustand. „Er war glücklich, weil er gesehen hat, wie viel Liebe er um sich herum hat. Er hat Nachrichten aus aller Welt bekommen“, berichtete Schoots von seinem Besuch beim Profi vom italienischen Meister Inter Mailand.
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„Die halbe Welt hat sich gemeldet, alle waren besorgt“, sagte der Berater über die Anteilnahme nach dem öffentlichen Zusammenbruch. „Christian gibt nicht auf. Er und seine Familie wollen sich bei allen bedanken.“ Eriksen werde Montag und „vielleicht auch Dienstag“ unter Beobachtung im Krankenhaus bleiben. „Jetzt muss er sich erholen, seine Frau und die Eltern sind bei ihm“, sagte Schoots. Der Mittelfeldspieler verfolge aber auch die dänischen EM-Spiele weiter: „In jedem Fall will er sein Team gegen Belgien als Fan unterstützen.“
Dänen wollen „für Christian spielen“
Nach dem Zusammenbruch ihres Topspielers will die dänische Fußball-Nationalmannschaft mit einer klaren Botschaft in das Gruppenspiel gegen Belgien gehen. „Wir werden für Christian spielen und für alle, die uns unterstützt haben“, sagte der ehemalige Bayern-Profi Pierre-Emile Höjbjerg am Montag bei einer Medienrunde im EM-Quartier des Teams in Helsingör. Es war das erste Mal, dass sich mehrere Mitspieler von Eriksen seit dessen Kollaps am Samstagabend bei einem Medientermin dazu äußerten.
Auch der Stürmer Martin Braithwaite vom FC Barcelona betonte: „Wir haben die Unterstützung von überall gespürt. Und das wissen wir sehr zu schätzen. Ich weiß, dass Dänemark dafür steht, dass wir in Widrigkeiten zusammenstehen. Und ich habe keine Zweifel, dass die Menschen am Donnerstag im Parken Stadion etwas Besonderes sehen werden.“ Dann findet in Kopenhagen das nächste Spiel gegen den Gruppenfavoriten Belgien statt (18.00 Uhr/ZDF und Magenta TV). „Darauf freue ich mich und werde es auf jeden Fall als Motivation nutzen, um für Christian Fußball zu spielen“, sagte Braithwaite.
„Sein Zustand ist der gleiche wie gestern: stabil und gut“, sagte der dänische Verbandssprecher Jakob Höyer am Montagmorgen über Eriksen. „Im Laufe des Tages stehen neue Untersuchungen an. Wir hatten gestern Kontakt zu ihm und haben das auch heute.“
Mediziner betonen Wichtigkeit von Herzmassage
Notfallmediziner haben nach dem Fall Eriksen auf die Bedeutung einer „unmittelbaren Herzdruckmassage“ hingewiesen. „Millionen Menschen haben miterlebt, wie wichtig und wie wirkungsvoll diese Maßnahme bei einem Herzstillstand ist“, sagte Götz Geldner, Präsident des „Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten“ (BDA) am Montag in Nürnberg. Wie die Profis in Kopenhagen gezeigt hätten, müssten die Handgriffe schnell und effektiv ausgeführt werden. Nur dann habe der Patient gute Überlebenschancen.
[Was ein Kardiologe auch als Lehre für Amateursportler zum Fall Eriksen sagt, können Abonnenten von T+ hier lesen: „In 90 Prozent der Fälle endet das tödlich“]
„Es kann jeden Menschen immer und überall treffen“, betonte Geldner. Wie am Samstag geschehen, könnten auch Jüngere und sogar Hochleistungssportler einen plötzlichen Herzstillstand erleiden. Deshalb solle jeder Bürger die drei Schritte „prüfen, rufen, drücken“ verinnerlichen. „Prüfen, ob ein Hilfsbedürftiger bewusstlos ist. Hilfe rufen, am besten über den Notruf 112.“ Und schließlich drücken: „Beide Hände auf der Mitte des Brustkorbs aufsetzen und den Brustkorb einhundertmal pro Minute vier bis fünf Zentimeter in Richtung Boden drücken“, so der Notfallmediziner.
Die Menschen in Deutschland können Geldner zufolge bei der Ersten Hilfe bei einem Herzstillstand noch viel aufholen. Nur 40 Prozent der Helfer und Passanten führten eine lebensrettende Herzdruckmassage aus. In den Niederlanden liege diese Quote bei 60 Prozent.
Sportpsychologe sieht lang anhaltende Folgen für Dänemarks Spieler
Der Sportpsychologe René Paasch geht davon aus, dass der dramatische Zusammenbruch Eriksens den Spielern der dänischen Fußball-Nationalmannschaft noch länger zu schaffen machen wird. Solch ein plötzlich auftretendes Ereignis bedeute für die Mitspieler „natürlich auch eine Schocksituation, eine Schockstarre, die dazu führen kann, dass man selbst auf einmal Angst aufbaut und Sorge hat“, sagte Paasch in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sprechen dann in solch einem Moment auch wirklich von einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sich manifestieren kann, indem man viele traurige Phasen hat, nicht schlafen und sich nicht konzentrieren kann.“
Paasch sagte, die von diesem Vorfall betroffenen Personen müssten über einen längeren Zeitraum fachkundig begleitet werden. „In solchen plötzlichen Momenten, in Notfallsituationen, ist es ganz wichtig, dass Menschen sich trauen, aufeinander zuzugehen. Das heißt, auch wirklich zuzuhören, sich viel Raum zu geben und in irgendeiner Form mitzuteilen“, sagte der erfahrene Sportpsychologe. Sein Tipp: „Man sollte Protokolle schreiben, wie sich die Spieler verhalten haben über die Tage hinweg. Wie haben sie geschlafen, welche Gesprächsthemen bewegen sie?“ Dafür müsse man jemanden ins Boot holen, „der sich therapeutisch damit gut auskennt“.
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Nur ein Therapeut könne in solchen Momenten nachhaltig helfen, sagte Paasch. „Denn wir wissen nicht wirklich, was das langfristig mit dem Einzelnen machen kann. Wir haben unterschiedliche Erfahrungswerte von Schlaflosigkeit, Depressivität und viele andere Faktoren, die dafür sprechen, dass es ein plötzliches Ereignis gab. Und deswegen ist es wichtig, fachkundig das Ganze zu begleiten.“
Der dänische Fußball-Verband hatte seinen Spielern bereits kurz nach dem Spiel psychologische Hilfe in Aussicht gestellt. „Es ist eine traumatische Erfahrung“, sagte Nationaltrainer Kasper Hjulmand. „Wir werden die nächsten Tage damit verbringen, so gut wie möglich daran zu arbeiten. Und natürlich gibt es professionelle Leute um uns herum.“ Der Verband bot auf seiner Internetseite ganz konkret „den Spielern, Christians Familie und allen anderen in der Herren-Nationalmannschaft Krisenhilfe an“. (dpa, KNA)