Eine Beziehung der Umwege
Als Mark Zengerle ausgepowert und verschwitzt aus der Mannschaftskabine kam, wirkte er keineswegs wie ein Spieler, der zuvor zwei Tore erzielt hatte. Die Stimmung des Mittelstürmers war gedämpft, weil die Eisbären nach einer 3:1-Führung mit 4:5 nach Penaltyschießen den Bietigheim Steelers unterlegen waren.
„Die Tore haben natürlich gut getan“, sagte Zengerle, „aber wir waren anfangs zu träge und haben am Ende dann zu viele Strafen genommen.“
Dieses eine Spiel spiegelt in gewisser Weise auch die bisherige Saison des 32-Jährigen wider. Er selbst spricht von einer „Saison der Aufs und Abs“. Aktuell ist er aus dem Line-up des Tabellenführers nicht wegzudenken, meist als Center der dritten Reihe. Das sah gerade in der Anfangsphase noch ganz anders aus.
Obwohl der US-Amerikaner einen deutschen Pass besitzt und bereits zum Meisterkader gehörte, spielte er über Wochen hinweg keine Rolle in der Mannschaft der Eisbären. Trainer Serge Aubin begründete die Entscheidung zu dieser Zeit damit, dass die Kollegen einen guten Job machten und er keinen Grund sehe, an der Aufstellung etwas zu ändern.
Lange hielt sich auch das Gerücht, dass Zengerle den Verein wechseln würde, die Schwenninger Wild Wings wurden als potenzieller Abnehmer gehandelt. Die Gerüchteküche brodelte besonders intensiv, als die Schwarzwälder am 22. Oktober in Berlin gastierten und mit einem 3:1 drei Punkte entführten.
Positiver Coronatest im Oktober
Dass der Stürmer an diesem Tag aber nicht mal auf der Tribüne Platz nahm, sondern das Spiel von zu Hause aus verfolgen musste, lag an einem positiven Coronatest. „Ich war zu dieser Zeit auch nicht ganz sicher, was passieren wird“, sagt Zengerle, „aber wenig später stand fest, dass ich hier bleibe.“ Eine Lösung, die der Spieler immer bevorzugt hat. „Das ist jetzt schon alles etwas länger her. Ich fühle mich aktuell sehr gut.“
Für die Eisbären hat es sich als Glücksfall erwiesen, dass Zengerle Teil der Mannschaft geblieben ist. Denn gerade auf der Centerposition mussten die Berliner in letzter Zeit zahlreiche Ausfälle verkraften. Gegen Bietigheim fehlte weiterhin Zach Boychuk, der sich noch immer mit den Folgen einer Gehirnerschütterung auseinandersetzen muss.
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Frans Nielsen, der am Sonntag ebenfalls ausfiel, könnte für das nächste Heimspiel gegen die Augsburger Panther am Dienstagabend (19.30 Uhr) wieder bereitstehen. Blaine Byron und Sebastian Streu verpassten ebenfalls schon einige Spiele wegen Verletzungen. „Meine Rolle hat sich durch diese Verletzungen mit Sicherheit verändert. Diese Situation ist meine Chance, mehr Zeit auf dem Eis zu bekommen und gut zu spielen“, sagt Zengerle. Und bei entsprechenden Gelegenheiten zum gegnerischen Tor zu ziehen.
Für den Cheftrainer ist aber nicht die verbesserte Torausbeute ausschlaggebend, dass Zengerles Ansehen gestiegen ist. „Er hat sich in der Defensive deutlich verbessert“, sagt Aubin. „Natürlich ist es schön, dass er sich auch in der Offensive immer besser einbringt.“
Umstrittener Tweet
Entgegengesetzt zum Spiel gegen Bietigheim könnte sich die Verbindung zwischen den Eisbären und Zengerle nach einem Fehlstart also noch zum Guten wenden. Lange bevor er 2020 sein erstes Spiel für den späteren Meister bestritten hatte, irritierte der Mittelstürmer mit einem Dankes-Tweet an den damaligen US-Präsidenten Donald Trump.
Kurz nachdem ein halbes Jahr später die neue Saison begonnen hatte, trennten sich die Wege zwischen den Eisbären und Zengerles Kumpel Stefan Espeland, mit dem er aus Bremerhaven gekommen war. Und obwohl er nicht zu den auffälligsten Spielern im Kader gehörte, so war Zengerle doch ein wichtiges Puzzleteil einer erfolgreichen Mannschaft.
Damit der Titel im Mai verteidigt werden kann, braucht es einen Mark Zengerle in der aktuellen Form. Ohne die gedrückte Stimmung nach einer völlig vermeidbaren Niederlage.