Ein Knaller zum Leichtathletik-Abschluss

Wirklich niedlich waren sie, die kleinen Sportskanonen beim 100-jährigen Jubiläum des Leichtathletikmeetings Istaf im Berliner Olympiastadion. Als die Kinder der Schulstaffeln durchs Ziel liefen, rannten sie einfach noch ein gutes Stück weiter, um noch mehr Applaus vom Publikum zu bekommen als ohnehin schon. Überhaupt, die Athletinnen und Athleten, auch die großen, hatten am Sonntag offensichtlich große Lust an der Bewegung.

Kaum hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller die Jubiläumsveranstaltung eröffnet, die Fontänen erst Feuer gespuckt und dann ein paar Raketen in den Himmel befördert, drehte Valarie Allman ihre Kreise im Diskusring und schleuderte ihr Wurfgerät auf 71,16 Meter. Nicht dass man der US-Amerikanerin so eine Weite nicht zutrauen würde. Sie ist aktuelle Olympiasiegerin. Doch das Istaf bildet den Ausklang einer anstrengenden Saison. Bestleistungen sind eher selten der Fall. Die 71,16 Meter von Allman bedeuteten Meeting-Rekord, Weltjahresbestleistung und auch persönliche Bestleistung.

Die Stimmung vor knapp 20.000 Zuschauerinnen und Zuschauern war bestens. Zumal nur wenig später die Deutsche Corinna Schwab über 400 Meter – ebenfalls in persönlicher Bestleistung – in 51,51 Sekunden in einem fulminanten Rennen als Erste durchs Ziel lief.

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Ein Trailer auf der Stadionleinwand im Olympiastadion hatte zuvor all die Isaf-Helden aus den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gezeigt. Diskuswerfer Robert Harting, den US-Sprinter Carl Lewis, den russischen Stabhochspringer Sergej Bubka oder auch (die älteren Semester werden sich erinnern und die jungen vielleicht schon mal von ihm gehört haben) den deutschen Mittelstreckenläufer Rudolf Harbig. Auch am Sonntag waren ein paar Athletinnen und Athleten am Start, die vielleicht beim nächsten großen Jubiläum des Meetings – in 50 oder 100 Jahren – eingeblendet werden.

Da wäre zum Beispiel Karsten Warholm. Der Norweger hat den 400-Meter-Hürdenlauf auf ein neues Level gehoben, läuft eine Fabelzeit nach der anderen. Bei seinen Rennen hat es immer den Anschein, als würde er von einer unsichtbaren Schnur nach vorne gezogen. Auch am Sonntag raste er in 48,08 Sekunden souverän als Erster ins Ziel. „Das ist mein Lieblingsstadion und das ist mein Lieblingspublikum“, umschmeichelte er die Zuschauer.

Gesa Krause und Johannes Vetter siegten

Da wäre außerdem Konstanze Klosterhalfen. Die Deutsche ist eine Ausnahmeläuferin auf der Mittel- wie auf der Langstrecke. In den vergangenen Monaten hatte sie jedoch mit Verletzungen zu kämpfen. Vermutlich fehlten ihr auch deshalb beim Istaf ein wenig die Kräfte. In ihrem Lauf über 1500 Meter wurde sie Fünfte (4:05,26 Minuten), sogar noch einen Platz hinter Landsfrau Katharina Trost (4:05,17, persönliche Bestleistung). Es siegte die US-Amerikanerin Kate Grace in 4:01,33 Minuten.

Aber es dauert nicht lange, da brüllte Johannes Vetter vor Freude laut ins Stadionrund. Der Speerwerfer ist eine tragische Figur in diesem Jahr. Er dominierte so gut wie jeden Wettkampf, nur bei Olympia hatte er große Probleme mit sich und der Anlaufbahn. Am Sonntag wurde er mit geworfenen 88,76 Metern souveräner Erster. Ein klarer Sieg gelang kurz darauf auch der deutschen 3000-Meter-Hindernisläuferin Gesa Krause (9:26,00 Minuten).

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Krause hatte erst vor wenigen Tagen einen verkorksten Lauf in Zürich absolviert. In Berlin aber spurtete sie ihren Konkurrentinnen auf der letzten Runde eindrucksvoll davon. „Auf der blauen Bahn beim Istaf geht es irgendwie immer“, sagte sie später.
Ziemlich viel ging zudem beim 100-Meter-Sprint der Männer. Im vierten Versuch, nach drei nervenzehrenden Fehlstarts im Feld, stürmte der US-Amerikaner Marvin Bracy aus den Startblöcken und war schon 9,95 Sekunden später im Ziel. Es war immerhin die fünftbeste Zeit in der Geschichte des Meetings.

Als die Sonne ins Stadion blinzelte, warteten die Zuschauer noch auf einen letzten großen Satz von Malaika Mihambo. Die Weitsprung-Olympiasiegerin hat die dramaturgisch schöne Eigenart, dass sie sich während eines Wettkampfes stetig steigert und erst im letzten Versuch ihre Bestweite erreicht.

Dieses Mal lag sie vor ihrem sechsten und letzten Sprung mit 6,70 Meter drei Zentimeter hinter der Britin Jazmin Sawyers zurück. Mihambo hob ihre Hände und forderte die Zuschauer zum Anfeuern auf. Doch als sie wenig später in der Weitsprung-Grube landete, wurde es für einen kurzen Moment etwas still im Olympiastadion. Mit 6,53 Metern im letzten Durchgang verpasste sie den Sieg deutlich.
So endete die 100. Auflage des Istaf etwas leiser, als sie begonnen hatte. Vergnügt gingen die Zuschauer trotzdem nach Hause.