Mit Buntstiften gegen Vorurteile : Pigment und Politik

Auf „Hautfarben-Malspaß“ sollen sich Kinder freuen. Das empfiehlt eine Werbung, die diese Woche in meinem Postfach landete. Im Betreff wurde „Die schönste Geschenkidee für Kinder“ angekündigt. Es geht um „Vielfalt schon für die Kleinsten!“ Schon Dreijährige könnten mit acht extra-dicken Hautfarben-Wachsmalstiften „ihre Freund:innen so malen, wie sie wirklich aussehen.“ Für Kinder im Schulalter sind Buntstifte in sogar zwölf Schattierungen im Angebot.

Die Firma sieht ihre gesellschaftliche „Mission“ darin, antirassistische Erziehung zu fördern, „durch Produkte, die bereits in der frühkindlichen Bildung auf vorurteilsfreies Denken hinwirken.“ Kinder sollten „den Wert von Vielfalt selbst entdecken“, Erwachsene sollen „diversitätsbewusst und ohne Stereotype“ erziehen. Dafür bieten die Stiftschachteln namenlose Farben, die etwa an Elfenbein erinnern, an Flamingos, an Ziegeldächer oder Schokolade. 

Und sie wecken auch ganz andere, irritierende Erinnerungen, derer sich die Kampagne für identity-politische Hilfsmittel der Pädagogik eventuell gar nicht bewusst ist. Farbskalen für Hauttypen sind Teil der fragwürdigen Geschichte zur Kategorisierung von Menschengruppen, teils wurden sie mit rassistischem Eifer im Kolonialismus genutzt.

Kundig erläutern André Karliczek und Andreas Schwarz die Entstehung der Skalen in ihrer Studie „Mit Haut und Haar. Vom Merkmal zum Stigma – Farbbestimmungen am Menschen“, 2016 am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Jena erschienen.

33 „Fleischfarben“ unterschied ein „Farbenlexicon“ von 1782, gedacht zum Gebrauch für „Naturforscher, Maler, Fabrikanten, Künstler und Handwerker, welche mit Farben umgehen“.

Aus den rein ästhetischen Kategorien wurden rassistische. 13 Töne kannte 1899 allein die Skala von Karl Ernst Ranke zur „Hautfarbe der südamerikanischen Indianer“ in der „Zeitschrift für Ethnologie“. Andere Skalen brachten es bis zu 36 Hauttönen für die Gattung.

Was wird gewonnen im Kampf wider den Rassismus, wenn Kinder sich selbst und andere bereits früh nach Hautfarben einsortieren? Wie tauglich sind solche Prozesse, wie emanzipativ, wie kreativ? Mit allen Farben jeder Skala lassen sich hier Fragezeichen malen, leuchtende, große Fragezeichen.

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