Die BBC, die ARD und das Geld : Abo statt Rundfunkbeitrag

Wer jemals wissen will, welch ungeheures Privileg die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Deutschland mit dem Rundfunkbeitrag genießen, der muss sich die Situation der BBC anschauen. So wie Rod Liddle es getan hat. Der „Spectator“-Kolumnist ist wahrlich kein Freund von „Auntie“, vom „Tantchen“, wie die Briten ihren Sender mal respektvoll und mal weniger liebevoll nennen. Liddle kümmert sich in seiner aktuellen Kolumne um nichts weniger als „The BBC’s biggest problem“.

Massive Verluste

Der Sender verliert nach Liddles Angaben massiv an Unterstützung. In Großbritannien muss der eine von der Regierung festgesetzte Rundfunkgebühr bezahlen, der die BBC-Programme nutzen will (in Deutschland muss jeder Haushalt den Rundfunkbeitrag unabhängig von der Nutzung von ARD & Co. bezahlen). Die Zahl der BBC-Zahler ist 2021 um 700.000, ein Jahr später um 300.000 gesunken, 2023 beläuft sich die bisherige Zahl der Abgänge auf eine halbe Million.

Rod Little nennt vor allem zwei Gründe für diese „Stampede“ im BBC-Publikum. Einmal seien verschiedene Programme in ihrer Art und Weise kaum noch zu ertragen, der von Liddle beklagte linksliberale Drall führt zu „go woke, go broke“-Verlusten. Liddle illustriert das Paradox, dass trotz der Tendenzen in den BBC-Sendungen, die „unterdrückenden weißen Bastards“ zu tyrannisieren, diese wiederum dumm genug seien, diesen Sendungen weiter zuzuhören. Die BBC hat trotz der sinkenden Nutzerzahlen immer noch rund 20 Millionen Kunden. 

Woke oder nicht woke, der zweite Grund für die Abschiedswelle ist noch bemerkenswerter. Rod Liddle bemerkt, sehr zu Recht, wie ich finde, dass mehr und mehr Menschen im Vereinigten Königreich ihre Bedürfnisse bei Information und Unterhaltung aus vielerlei Quellen jenseits der BBC befriedigen. Es gibt ein Hörer-, Seher und Online-Leben ohne den öffentlich-rechtlichen Sender. Die früher getrennten Mediensysteme haben sich längst angeglichen – was sie vergleichbar und damit austauschbar macht.

Spätestens an dieser Stelle kann die Perspektive von Rod Liddle hin zur deutschen Situation wechseln. In Deutschland herrscht Zahlungspflicht für ARD, ZDF und Deutschlandradio. Ihr zu entkommen, ist nur per Bedürftigkeit oder Tod möglich. Dieses Privileg garantiert den Anstalten jährliche Einnahmen von über acht Milliarden Euro. Was aber wäre, wenn die deutschen Haushalte sich verhalten könnten wie die britischen? Was bliebe von den annähernd 40 Millionen Beitragskonten übrig, wenn die Zahlungspflicht wieder an die Nutzung gekoppelt würde?

Fluchtbewegung wie bei den Kirchen?

Käme eine Fluchtbewegung wie bei den Kirchen? Wäre ein Abo-Modell auf Fernseh-, Hörfunk- und Online-Ebene das Ende des öffentlich-rechtlichen Systems? Oder könnten sich im Pay-Wettbewerb ARD, ZDF und Deutschlandradio erstaunlich gut halten? Weil Millionen erkennen würden, welche Vielfalt, welche Qualität öffentlich-rechtlich fundierte Sender leisten?

Eine definitive Antwort darauf gibt es nicht.

Aber neben aller Spekulation steckt in diesen Überlegungen etwas, was Rod Liddle für die „moribunden nationalen Institutionen“ der BBC feststellt: „Wir hängen an diesen immensen Bürokratien nicht, weil wir sie jetzt schätzen, sondern weil wir sie für das liebten, was sie einmal waren.“

Da macht sich eine enorme Melancholie breit. Vielleicht zahlen viele ihren Rundfunkbeitrag nicht aus Überzeugung für das, was sie hören, sehen und online nutzen, sondern für das, was sie einmal gerne nutzten. Könnte eben sein, dass die BBC, die ARD, das ZDF, das Deutschlandradio zu jenen Dinosaurier-Organisationen und Institutionen gehören, deren Gegenwart in der Vergangenheit steckt. Für die Zukunft kann das nur heißen: Erneuert Euch, seht in Reformen nicht die Gefahr, sondern die Chance. Wer die Zukunft nur gewinnen will, der den Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro gesteigert sehen will, was hat der von den Herausforderungen wirklich akzeptiert?

Für die BBC, schreibt Rod Liddle, hieße die Alternative zu einem marktgängigen Subskriptions-Angebot günstiger als Netflix nur: „den Verfall weiterhin zu akzeptieren, bis kaum noch etwas übrig ist, was wert ist, erhalten zu werden“.