Der Hobby-Archäologe hortete antike Funde zuhause

Vor einigen Monaten schrieb Christine Weber, die Witwe des verstorbenen Malers Peter Grämer, das Museum für Vor- und Frühgeschichte an. Was zunächst wie ein gewöhnlicher Brief erschien, erwies sich als spektakuläre Entdeckung. In Grämers Zehlendorfer Atelier fanden die Museumsmitarbeiter:innen nicht nur Gemälde vor, sondern eine antike Schatzkammer: 1500 Einzelstücke, darunter Objekte aus Griechenland und Italien.

Viele stammen aus der Frühzeit Trojas, wurden also von Heinrich Schliemann ausgegraben. Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde der „Fund“ nun vom Museum für Vor- und Frühgeschichte vorgestellt.

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Doch wie kam er ins Atelier? Das ehemalige Kunstgewerbemuseum, der heutige Martin-Gropius-Bau, beherbergte vor dem Zweiten Weltkrieg auch Depots des Museums für Vor- und Frühgeschichte. Nach Bombenangriffen lagen die Gebäudetrümmer bis etwa 1970 offen herum.

Als Student betätigte sich Grämer als Hobby-Archäologe

Das zog Hobby-Archäologen an, darunter den damaligen Studenten Peter Grämer und einige seiner Kommiliton:innen. Im Zuge ihrer „Ausgrabungen“ sammelte er Keramikscherben, Gefäße, Relikten aus Bronze, Eisen und Stein, darunter ein römischer Soldatengürtel.

Das Besondere am Atelier-Fund ist neben der Quantität Grämers akribischer Umgang mit den Antiken: Von vielen Gegenständen fertigte er in einer Kladde Zeichnungen und Aquarelle an und recherchierte mithilfe von Forschungsliteratur genauere Informationen über die Objekte. Die Abgleichung mit Grämers Inventar erleichtere die archäologische Arbeit ungemein, so Museumskustos Bernhard Heeb.

Der Künstler hatte offensichtlich ein schlechtes Gewissen

Der Künstler habe anscheinend ein schlechtes Gewissen gehabt, „den Moment der Rückgabe“ verpasst zu haben, so Museumsdirektor Matthias Wemhoff. Es gebe jedoch keine rechtlichen Konsequenzen zu befürchten. Wemhoff appellierte umso mehr an alle Berliner:innen, die möglicherweise noch Funde besitzen, sie dem Museum zu übergeben. Sie würden nur im „richtigen Kontext wichtig“.

Eine Keramikvase, von Grämer zusammengesetzt, gibt noch Rätsel auf. Sie könnte von der Ägyptenreise Schliemanns stammen. Die Vase ist Teil der Gegenstände, die auch nach 80 Jahren noch nicht identifiziert werden konnten, eine Folge der Zerstörung. Krieg sei ein „schrecklich langwieriges Geschäft“, so Wemhoff.