Das Viertelfinale sollte es sein, gern auch mehr!
Toni Söderholm hat Humor. Den krachenden Gaudiburschen gibt er zwar in seiner momentanen Heimat München nicht, aber der Finne in Diensten des Deutschen Eishockey-Bundes lächelt schon mal, wenn es etwas zu lächeln gibt. So wurde er kürzlich in der Heimat darauf angesprochen, ob sich die von ihm betreute Nationalmannschaft besonders durch Kampfgeist auszeichne. Söderholm antwortete grinsend: Seitdem er da sei, schon.
Das stimmt natürlich nicht so ganz, denn an Kampfgeist hat es deutschen Eishockeyteams selten gemangelt in der Vergangenheit. Im spielerischen Segment haperte es dafür schon mal, was sich aber in jüngsten Jahren kontinuierlich geändert hat und 2018 mit dem Gewinn der olympischen Silbermedaille von Pyeongchang erstmals belohnt wurde – unter Marco Sturm, dem bald Toni Söderholm als Bundestrainer folgen sollte.
Der einstige finnische Nationalspieler hat das Team weiterentwickelt, wobei ihm eine positive Gesamtentwicklung im deutschen Nachwuchs half. Nicht zuletzt weil die Deutschen bei der WM 2021 Vierter wurden, sind die Erwartungen vor dem Start ins olympische Turnier am Donnerstag höher als früher.
Nun ist viel über den sportlichen Wert dieser Veranstaltung philosophiert worden, weil viele der weltbesten und auch besten deutschen Profis nicht in China dabei sind. Ohne aktuelle Spieler aus der National Hockey League ist Olympia schlechter besetzt als jede stinknormale Weltmeisterschaft: Schon die kanadische Mannschaft, auf die das deutsche Team am Donnerstag im ersten Gruppenspiel trifft (14.10 Uhr, live im ZDF und auf Eurosport), ist schwächer besetzt als die, die bei der WM 2021 Weltmeister wurde (und in der Vorrunde 1:3 gegen Deutschland verlor).
Aber was heißt das schon? Auch im deutschen Team fehlt im Vergleich zum WM-Team zum Beispiel mit Moritz Seider ein Spieler, der in dieser Saison in der NHL bei den Detroit Red Wings zeigt, dass er einer der besten jungen Verteidiger der Welt ist.
„Wir sind hier hingefahren, um etwas mitzunehmen“
Entscheidend wird schon in den drei Gruppenspielen sein, wie gut die Deutschen mit der kleineren Eisfläche – absurderweise im NHL-Maß – zurechtkommen. Die gibt es in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) nur in Schwenningen, viele deutsche Spieler kennen sie allerdings aus ihrer Zeit als Profi in Nordamerika.
Söderholm sagte nach Ansicht des Auftaktspiels von Russland gegen die Schweiz (1:0) am Mittwoch: „Bei dem Spiel war wenig freies Eis zu finden. Allzu viel Zeit werden wir nicht haben, um die richtigen Entscheidungen zu fällen.“ Der Bundestrainer glaubt, dass es in der Gruppe „sehr enge Spiele“ geben wird – die Deutschen spielen noch gegen China (am Sonnabend) und die USA (Sonntag).
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Söderholms Mannschaft ist sicher ein Kandidat für das Viertelfinale, das sich allerdings wie 2018 für das deutsche Team auch bei Verpassen von Platz eins oder zwei über eine Qualifikationsspiel erreichen ließe. Aber das wollen sie wohl vermeiden. Söderholm sagt: „Wir haben den spielerischen Faktor in den letzten Jahren schon sehr entwickelt“, auch wenn im Herz der Spieler schon eine Arbeitermentalität ticke.
Und dann ist da noch der in Pyeongchang gewonnene Glaube an die eigene Stärke. Wie sagt Nationalmannschaftskapitän Moritz Müller von den Kölner Haien dieser Tage in Peking so oft: „Wir sind hier hingefahren, um etwas mitzunehmen.“