Comic-Action vom „Game of Thrones“-Star: Rasant durch die vierte Wand
Als Drachenflüsterin Daenerys Targaryen in der TV-Adaption von George R. R. Martins Fantasy-Hitserie „Game of Thrones“ erlangte Schauspielerin Emilia Clarke Weltruhm. Nun hat sich die 1986 geborene Engländerin einen eigenen Comic ausgedacht.
Wegen „Game of Thrones“ besuchte Clarke eine Menge Conventions, also Messen mit Schwerpunkt auf populären Geek-Stoffen. So wurde sie spät zum Comic- und Superhero-Fan – als Frau hätte sie sich, so Clarke, nicht in Comicläden getraut.
Deshalb sei es ihr auch so wichtig, dass ihr erster Comic „M.O.M.: Mother of Madness“ für alle zugänglich ist, wie sie im Vorwort des gerade auf Deutsch erschienenen Bandes schreibt. Sie wolle mit ihrer Geschichte möglichst viele Lesende ansprechen – allen voran weibliche Teenager voll eingeflüstertem Selbsthass, oder Opfer toxischer Männlichkeit auf allen Seiten.
Der Comic dreht sich um Maya Kuyper, eine 29-jährige Chemie-Ingenieurin, alleinerziehende Mutter und Superheldin im New York des Jahres 2049. Maya nutzt ihre etwas unberechenbaren Superkräfte, die mit ihren schwankenden Hormonen und ihrer Periode zusammenhängen, für den Kampf gegen das Böse. Geprägt haben sie außerdem der frühe Tod ihrer Eltern und ein hartes Teenager-Leben.
Im Kostüm agiert Maya in einer ultra-zynischen, brutal-kapitalistischen und teils post-feministischen Welt. Außerdem durchbricht sie wie She-Hulk, Deadpool und Fleabag die vierte Wand zwischen Fiktion und Publikum, ist sie sich ihrer Natur als Comic-Superheldin jederzeit bewusst. Das beeinflusst die Inszenierung und die Lektüre von „M.O.M.: Mother of Madness“ immens.
Kein Blatt vor den Mund
Emilia Clarke wird von US-Autorin Marguerite Bennett unterstützt, die man für „Batwoman“, „DC Bombshells“ und andere Comics kennt. Hauptzeichnerin ist die Italienerin Leila Leiz, die schon „Alters“ und weitere Fantasy-Werke in den Staaten publiziert hat, dazu kommen ein paar Seiten der Amerikanerin Leila Del Duca, die zuletzt mehrere „Wonder Woman“-Comics realisierte.
Dieses Kreativteam durchsetzt die klassische Superhero-Origin mit allerhand feministischen Motiven. Clarke und Bennett nehmen in der Hinsicht auch kein Blatt vor den Mund – und dafür zum Beispiel die Marvel-Filme und andere Genre-Muster genüsslich aufs Korn.
Und konsequenterweise wird der Oberbösewicht in einem satirischen Comic voller Super-Empowerment logischerweise zur gierigen Oberschurkin.
Das Artwork hält mühelos mit anderen aktuellen Comics mit, ohne einen zu generischen Superhero-Comic-Look zu vermitteln. Besonders auffällig sind die für japanische Manga typischen Raster-Elemente, die gelegentlichen Pop-Art-Allüren und die fließenden Doppelseiten-Layouts.
Augenzwinkernd und relevant
Das funktioniert in Sachen Story und Zeichnungen also ziemlich gut. Der Durchbruch der vierten Wand macht Spaß und schafft eine Meta-Ebene, das Science-Fiction-Flair ist unaufdringlich, und das augenzwinkernde Spiel mit den Marvel-Marotten zeigt sich so unterhaltsam und bissig wie der feministische beziehungsweise postfeministische Ansatz. Einzig ein bisschen flotter hätte das Ganze manchmal gern erzählt sein dürfen, denn am Ende kommt man nicht so weit vom klassischen Takt fort.
Damit erkämpft sich „M.O.M: Mother of Madness“ noch keinen Platz im Olymp der Superheldinnen und Superhelden, aber allemal eine relevante Position in unserer gegenwärtigen Popkultur – im Angesicht wichtiger gesellschaftlicher Themen und des multimedialen Superhero-Booms.
Allerdings scheint es zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich, dass die im Original schon 2021 abgeschlossene Miniserie fortgesetzt wird. Das Potenzial für ein Sequel hat der Comic, und auch das passende Ende.
Doch vermutlich spricht ein Einzelband letztlich noch mehr Menschen an, und der ausgerechnet hier gelingende Bruch mit dem traditionell endlosen Super-Serial gereicht „M.O.M: Mother of Madness“ sogar zum Vorteil.
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