Boris Becker muss sich wegen Insolvenzverschleppung verantworten

Boris Becker ist eine von Deutschlands größten Sportikonen. Mit Siegen in Wimbledon und bei anderen großen Tennisturnieren hat er es zu Weltruhm und Reichtum gebracht. Doch der Deutsche hat sein Vermögen verloren – und soll in dem deswegen eingeleiteten Insolvenzverfahren Vermögenswerte unterschlagen und Informationspflichten nicht eingehalten haben.

Deswegen steht der 54-Jährige ab Montag in London wegen Insolvenzverschleppung vor Gericht. Ihm drohen bis zu sieben Jahre Haft. Ein Konkursgericht in London hatte den dreimaligen Wimbledonsieger im Juni 2017 wegen unbeglichener Schulden für zahlungsunfähig erklärt. Auf bis zu 50 Millionen Pfund (59 Millionen Euro) wurden Beckers Außenstände damals geschätzt.

Der Prozess wegen Insolvenzverschleppung sollte eigentlich im vergangenen September beginnen, wurde aber auf kommenden Montag verschoben, weil Becker sein Anwaltsteam austauschte. Zunächst sollen die Geschworenen vor dem Southwark Crown Court vereidigt werden.

Die Tennis-Legende hatte bereits wiederholt juristische Schwierigkeiten wegen Geldangelegenheiten. Die spanische Justiz nahm Becker wegen Schulden im Zusammenhang mit seiner Villa auf Mallorca ins Visier, und die Schweizer Justiz, weil er den Pfarrer nicht bezahlt haben soll, der ihn 2009 traute.

Becker weist alle Vorwürfe von sich

2002 hatte ein Gericht in München Becker wegen Steuerhinterziehung von rund 1,7 Millionen Euro zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 500.000 Euro verurteilt. Dieser Prozess wie auch Häme über mehrere gescheiterte Beziehungen des Sport-Stars trugen dazu bei, dass das Verhältnis von “Bumm-Bumm-Boris” zu seinem Heimatland Deutschland abkühlte und er London als Wohnort wählte.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Dass er bei dem Insolvenzverfahren in Großbritannien erneut gegen geltende Gesetze verstieß, weist Becker jedoch zurück. Bei einer Gerichtsanhörung im Oktober 2020 plädierte er in allen 28 Anklagepunkten auf nicht schuldig. Sein damaliger Anwalt sagte, Becker sei entschlossen, die Vorwürfe zu entkräften und seinen Ruf wiederherzustellen.

Becker wurde unter anderem vorgeworfen, mehrere Pokale zurückgehalten zu haben, darunter die Trophäe für einen ersten Wimbledon-Sieg 1985. Zudem soll er Immobilien und Bankguthaben verschwiegen und große Summen unter anderem auf Konten seiner Ex-Frauen Barbara und Lilly Becker überwiesen haben.

Bis Juli 2019 wurden mehr als 80 Gegenstände aus Beckers Besitz versteigert. Dazu zählten Trophäen, Tennisschläger, Fotos, Uhren sowie ein “Bambi” des Tennis-Stars. Bei der Zwangsversteigerung fehlten allerdings einige wichtige Trophäen, die nicht auffindbar waren.

Ein Diplomatenpass der Zentralafrikanischen Republik sorgte für Aufsehen

Mit dem Erlös in Höhe von rund 765.000 Euro wurde ein Teil von Beckers Schulden beglichen. Im November 2019 wurde verfügt, dass Becker sich noch zwölf weitere Jahre den Insolvenzauflagen der britischen Behörden beugen muss, weil er seine Vermögenswerte nicht vollständig offengelegt habe. Mit der Verlängerung der Maßnahme bis zum 16. Oktober 2031 solle verhindert werden, “dass Herr Becker seinen Gläubigern weiteren Schaden zufügt”, erklärte die zuständige Insolvenzbehörde.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Für Aufsehen sorgte auch der Vorwurf, Becker wolle einen Diplomatenpass der Zentralafrikanischen Republik nutzen, um sich Vorteile bei dem Insolvenzverfahren zu verschaffen. In dem Verfahren wollte er diplomatische Immunität geltend zu machen, indem er auf seine Funktion als Sport-Attaché der Vertretung der Zentralafrikanischen Republik bei der EU in Brüssel verwies.

Um den Diplomatenstatus Beckers gab es aber offensichtlich einen Streit zwischen dem Präsidenten und dem Außenminister des afrikanischen Landes. Der damalige Außenminister Charles Armel Doubane erklärte im Juni 2018, der Diplomatenpass sei gefälscht.

Becker wies dies damals in einem “Bild”-Interview als “absurd” zurück und versicherte zugleich, dass er keine Vorteile aus dem Diplomatenpass bei seinem Insolvenzverfahren ziehen wolle. Der Insolvenzverwalter zeigte sich ohnehin unbeeindruckt von dem Dokument. Nun muss sich Becker in seiner Wahlheimat den Insolvenzverschleppungsvorwürfen stellen. Gelingt es ihm nicht, diese zu entkräften, könnte Deutschlands Tennis-Legende im Gefängnis landen. (dpa)