Blut, Schweiß und Dämonen
Zwei Jahre Training, zwei gebrochene Rippen, zahlreiche blaue Flecken – Halle Berry hat wirklich alles gegeben , um optimal auf das Drama „Bruised“ vorbereitet zu sein, in dem sie eine MMA-Kämpferin spielt.
Die Abkürzung steht für Mixed Martial Arts, eine Mischung verschiedener Kampfsportarten wie Kickboxen, Jiu-Jitsu, Muay Thai und Ringen. Berry ist schon lange Box- und MMA-Fan, weshalb sie unbedingt bei dem Filmprojekt mitmachen wollte.
Putzen statt Kicken im achteckigen Käfig
Allerdings musste sie einige Monate warten bis die 21 Jahre jüngere weiße Schauspielerin Blake Livley, die eigentlich dafür vorgesehen war, sich dagegen entschied. In der Zwischenzeit überlegte Berry wie man die von Michelle Rosenfarb geschriebene Story auf eine ältere afroamerikanische Frau drehen könnte. Als sie den Zuschlag für die Hauptrolle bekam, übernahm sie auch gleich noch die Regie – zum ersten Mal überhaupt.
Man sieht „Bruised“, der jetzt bei Netflix läuft, die Leidenschaft der Oscarpreisträgerin an. Sie schont sich nicht, wirft sich mit voller Kraft in die Trainings- und Kampfszenen und läuft lange mit einem riesigen blauen Auge sowie diversen Schrammen durch den Film. Eitel ist anders. Man vergisst auch schnell, dass Berry mit Mitte 50 deutlich älter ist, als die von ihr dargestellte Protagonistin Jackie Justice.
Die war einst ein Star, ist nun aber seit vier Jahren aus der Szene verschwunden und arbeitet als Reinigungskraft. Sie raucht, trinkt und lebt in Newark, New Jersey, bei ihrem aufbrausenden Geliebten Desi (Adan Canto), der sich immer noch als ihr Manager aufspielt. Als er sie zum Zuschauen zu einem illegalen Kampf mitschleppt, vermöbelt Jackie im Anschluss die Siegerin, weil sie sich von dieser provoziert fühlt.
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Beeindruckt von Jackies Auftritt bietet der Promoter einer MMA-Liga ihr an, bei ihm zu trainieren und zu kämpfen. Jackie kehrt tatsächlich in den achteckigen Käfig zurück, was vor allem daran liegt, dass sie gerade ihren Putzjob verloren hat und überdies ihr sechsjähriger Sohn Manny (Danny Boyd Jr.) plötzlich wieder bei ihr auftaucht. Als Kleinkind hatte sie ihn weggegeben. Jetzt wurde sein Vater ermordet und er braucht eine Bleibe.
„Bruised“ – gedreht in gedeckten Winter-Farben – erzählt also von einem doppelten Comeback, womit die Überfrachtung des Films beginnt. Denn Manny ist noch dazu derart traumatisiert, dass er kein Wort spricht und nichts isst. Der überforderte Desi wird gewalttätig, woraufhin Jackie mit Manny zu ihrer Mutter zieht, obwohl sie ein sehr schlechtes Verhältnis zu ihr hat.
Später offenbart sie in einem Streit den extrem heftigen Grund dafür. Ja, Jackie kämpft auch gegen die Dämonen ihrer Vergangenheit – ein Standardtopos des Kampfsportfilms.
Berry und Rosenfarb – es ist ihr erstes Spielfilm–Drehbuch – laden ihr Werk in über zwei Stunden mit immer neuen Problemen und Wendungen auf, wobei sie anfangs eingeführte Themen wie den Alkohol und die Armut aus den Augen verlieren.
Auch, dass Desi so fix verschwindet, wirkt gelinde gesagt unplausibel. Doch er muss weg, damit es in der Handlung Raum für Jackies neue Trainerin Bobbi gibt. Die von der Britin Sheila Atim auf charismatische Weise verkörperte Zen-Buddhistin ist ebenfalls eine verwundete Seele, und die Annäherung der beiden Frauen gehört zu den berührendsten Aspekten von „Bruised“. Dass ihnen aber zudem eine Liebesaffäre angedichtet wird, die ebenso abrupt endet wie sie beginnt, zeigt die Unausgewogenheit des Dramas.
[„Bruised“ läuft ab dem 24.11., 9 Uhr auf Netflix]
Ein Comeback in die erste Hollywood- Liga wird Berry, deren Flop-Serie von „Cat Woman“ bis „Cloud Atlas“ mittlerweile beeindruckend lang ist, damit nicht gelingen. Sehenswert ist aber der 20-minütige Endkampf von „Bruised“, der mit Valentina Shevchenko eine echte MMA- Meisterin aufbietet. Sie brach im Training Halle Berrys Rippen. Auch im Film leistet „Lady Killer“ ganze Arbeit: Sie verwandelt Jackies Gesicht in eine blutige Fratze. Blaues Auge garantiert.