Machern muss man misstrauen
Männer, die Macht hatten, wurden in den Siebzigerjahren gern „Macher“ genannt. Eine Aura der Zuverlässigkeit ging von diesem Wort aus, die Gewissheit, dass Probleme nicht nur erkannt, sondern auch schnell gelöst werden. Als oberster Macher galt Helmut Schmidt, der 1974 das Kanzleramt von Willy Brandt übernahm, sich bereits bei der Hamburger Sturmflut als Krisenmanager bewährt hatte und statt auf Visionen lieber auf Realpolitik setzte.
Die heimliche Hymne zu diesen frühen Jahren des zweiten SPD-Bundeskanzlers stammte von Volker Lechtenbrink. Sie heißt „Der Macher“, wurde 1975 zum Hit und spottete nicht über Schmidt, sondern über Männer, die nicht halten, was sie versprochen haben.
In norddeutsch-nüchternen Sprechgesang warnt Lechtenbrink vor einem „Geber“, „Nehmer“, „Schieber“, „Schwätzer“ und „Schmeichler“, der Refrain lautet: „Er ist ein Macher / Er wird ihr was vormachen / Bis sie dann / Gar nichts mehr selber machen kann.“
Der Song, ein Walzer mit Banjo und Mariacchi-Trompeten, stammte vom amerikanischen Country-Rebellen Kris Kristofferson. Den Text, eine ziemlich freie Adaption des Originals, hatte Lechtenbrink geschrieben.
Lehrstück gegen den Krieg
Das Singen und Songschreiben war Lechtenbrinks zweite Karriere. Zu seiner ersten, der Schauspielerei, war er mit 14 Jahren gekommen, als einer von sieben jugendlichen Hauptdarstellern in Bernhard Wickis Kriegsfilm „Die Brücke“. Sie verteidigen als Kindersoldaten im April 1945 eine Brücke in einem bayrischen Dorf gegen US-Panzer und sterben sinnlos für „Führer und Vaterland“.
Der Film, bis heute ein Lehrstück über missbrauchten Idealismus, wurde mit Preisen überhäuft und für den Oscar nominiert. Für ihn sei „Die Brücke“ ein „Glücksfall“ gewesen, sagte Lechtenbrink später. Weil der Film ihm – ähnlich wie Fritz Wepper und Michael Hinz – frühen Ruhm verschaffte und viele Türen öffnete.
Strahlende Helden lagen Lechtenbrink, der in Bremen aufwuchs und den größten Teil seines Lebens in Hamburg verbrachte, nicht. Oft verkörperte er gebrochene Figuren, eine fragile Form der Männlichkeit prägte sein Rollenprofil.
In Fernsehserien wie „Der Kommissar“, „Ein Fall für zwei“, „Der Alte“ oder „Bella Block“ spielte er Zeugen, Verdächtige und Täter. Im Kinothriller „Der Sommer des Samurai“, inszeniert vom ehemaligen Filmkritiker Hans-Christoph Blumenberg, war er als kauziger Kommissar zu sehen.
Auf der Bühne trat er vor allem in gehobenen Boulevardstücken auf, tourte mit Hildegard Knef im Beziehungsdrama „Mrs. Dally“ durch Deutschland, stieg auf zum Intendanten des Hamburger Ernst-Deutsch-Theaters.
Balladen mit satten Männerstimmen
Markant war Lechtenbrinks mit den Jahren immer rauer werdende Stimme. „Ich mag Balladen mit richtig satten Männerstimmen“, sagte er. Zur Musik fand er über den Umweg des Synchronsprechers. Nachdem er Kris Kristofferson in Filmen wie dem legendär gefloppten, heute kanonischen Western „Heaven’s Gate“ synchronisiert hatte, begann er, dessen Songtexte zu übersetzen.
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Weil kein Sänger, den er fragte, diese Texte singen wollte, nahm er sie selber auf. Daraus wurde eins der besten deutschsprachigen Countryalben, mit Stücken wie „Der Engelszungenteufel“ (im Original „The Silver Tongued Devil And I“) und „Volker und das Kind („Jody And The Kid“). Am Montag ist Volker Lechtenbrink in Hamburg gestorben. Er wurde 77 Jahre alt.