Berliner Philharmoniker: Im Lichtraum

Erschöpft und sichtlich gelöst nimmt Daniel Harding den tosenden Applaus des Publikums entgegen. Überschwänglich bedankt sich der Dirigent bei den Solisten der Berliner Philharmoniker, die mit ihm zusammen ihr Bestes gegeben haben. Bei „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss ist Harding ganz bei sich selbst angekommen. Nichts ist hier zu spüren von Kopflastigkeit, die ihm zuweilen vorgeworfen wurde, keine bloß rationale Organisation des musikalischen Geschehens.

Die Klangmassen dieser Sinfonischen Dichtung, deren harmonische Entwicklungen 1896 von beachtlicher Modernität sind und bereits in die Nähe der knapp zehn Jahre später entstandenen „Salome“ führen, durchlichtet er überaus souverän und gewinnt ihnen zugleich überwältigende Emotionalität ab.

Die Philharmoniker spielen fantastisch

Einmal mehr erweisen sich die Philharmoniker dabei als das Strauss-Orchester schlechthin: wo fände sich ein samtigerer Streicherteppich im „Sehnsuchtsthema“, wo strahlendere Trompeten im hier bedachtsam aufglimmenden „Sonnenaufgang“, wo könnten sich Flöte und Harfe, Trompete und Glocken in charmanten Walzerklängen und ihrem schneidenden Absturz irisierender verbinden? Wie sich hier die Themen von „Natur“ und „Mensch“ durchdringen, einen bis zum Zerreißen gespannten Konflikt eingehen, der sich im Uneindeutigen löst, wird hier zum ebenso faszinierenden wie nachdenklich machenden Erlebnis.

Prophetisch und gerade in ihrer harmonischen Schönheit beklemmend zuvor der Gesangszyklus „On Wenlock Edge“ von Ralph Vaughan Williams: Fünf Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs entstanden, spricht er quasi aus dem Grab eines jungen Soldaten von unerfüllter Liebe, überirdischen Orten und Wäldern, die immer wieder Kriegsschauplätze sein werden. Volkstümlich deklamierende Melodik umkleiden helle Orchesterfarben von fast impressionistischem Raffinement. Andrew Staples versieht seinen „Bericht“ mit klar fokussiertem Tenor, einer nüchternen Direktheit, die umso stärker berührt.

Demgegenüber ist Unsuk Chins „Rocaná“, was im Sanskrit soviel wie „Lichtraum“ bedeutet, eine fesselnde Klangstudie, in der das Ausgangsmaterial von wispernden Glissandi und ihrer Verdichtung zu anschwellenden sich wieder auflösenden Klangflächen, immer neue fantasievolle Facetten erfährt, eine dekorative Klangskulptur, nicht mehr und nicht weniger.

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