Das Warten auf das Play-off-Gefühl
Die Play-offs sind in vielen Sportarten die schönste Zeit des Jahres, für Fans und Spieler. Die besten Mannschaften kämpfen in engen Duellen um die Meisterschaft, fast jeden Tag steht ein Spiel an, im besten Fall entsteht eine richtige Euphorie. In der Basketball-Bundesliga ist davon bisher nicht sonderlich viel zu spüren. „Das ist sehr seltsam“, sagt Alba Berlins Trainer Israel Gonzalez zum Spielplan seiner Mannschaft. „In den Play-offs spielt man eigentlich Schlag auf Schlag, dieses Jahr haben wir in der Hauptrunde Schlag auf Schlag gespielt – und jetzt nicht mehr.“
Vor dem ersten Halbfinale in eigener Halle gegen die Riesen Ludwigsburg am Freitag (19 Uhr) hatten die Berliner eine Woche spielfrei. Nach dem zweiten Halbfinale am Sonntag wartet die nächste längere Pause, bevor es am Freitag in Ludwigsburg weitergeht. Insgesamt ruhte der Ball in der BBL nach den Viertelfinals sechs Tage lang. Zum Vergleich: In der nordamerikanischen Profiliga NBA gab es seit dem Play-off-Start Mitte April nur fünf spielfreie Tage. Die Unterschiede zwischen den zwei Ligen sind natürlich groß und eine Belastung wie in der NBA aus gesundheitlicher Sicht auch nicht erstrebenswert, doch zumindest aus Vermarktungssicht ist die Spielplangestaltung der BBL sehr suboptimal.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hierfür Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Auch die Spannung blieb bisher auf der Strecke. Zwar gingen vier der zwölf Play-off-Spiele in die Verlängerung, die Serien endeten aber alle per „Sweep“. Alba, Ludwigsburg, Bayern München und Bonn gewannen ihre Viertelfinals allesamt mit 3:0-Siegen. Man muss bis zur Saison 1988/89 zurückschauen, um solch einseitige Ergebnisse zu finden – damals reichten allerdings schon zwei Siege zum Weiterkommen.
Gonzalez ist sich jedoch sicher, dass es im Halbfinale deutlich enger wird als bisher. „Ich erwarte eine sehr schwere Serie, deutlich schwerer als gegen Bamberg“, sagt Albas Trainer. Vor Ludwigsburg hat der Spanier großen Respekt, nicht nur, weil die Berliner beide Hauptrundenspiele gegen die Riesen verloren. „Das ist ein Klub, der ein System hat, der Erfolg hat“, sagt Gonzalez. „In den letzten fünf Jahren steigern sie sich immer weiter.“ In der vergangenen Saison beendete Ludwigsburg die Hauptrunde mit dem jetzigen Berliner Jaleen Smith als MVP auf Platz eins, scheiterte aber im Halbfinale an München. 2020 schaffte es die Mannschaft von John Patrick in der Bubble bis ins Finale, unterlag dort im ungewohnten Modus mit Hin- und Rückspiel aber Alba.
Die Personalsituation bei Alba entspannt sich
Auch in der aktuellen Spielzeit sind die Schwaben wieder stark unterwegs. In der BBL reichte es zwar nur zu Rang vier, dafür schaffte es die Mannschaft bis ins Final Four der Basketball-Champions-League. „Sie sind gut gecoacht, haben gute Spieler, sie sind wahrscheinlich das physischste Team der Liga“, sagt Gonzalez und prophezeit: „Es wird ein Kampf.“ Das lässt sich beim charakteristischen Stil von John Patrick aber ohnehin nicht vermeiden. Ludwigsburg spielt oft mit einer sehr kleinen Aufstellung, setzt den Gegner schon früh im Spielaufbau unter Druck, erzwingt Ballverluste und nutzt diese für schnelle Punkte. „Mit ihrem Small Ball machen sie es dem Gegner sehr schwer, weil sie so hart spielen, dass man im Low Post trotzdem keinen Vorteil hat“, sagt Gonzalez.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Große Anpassungen will der Trainer dennoch nicht vornehmen. Schon seit Jahren schaut Alba vor allem auf sich selbst und im Gegensatz zu den Spielen der Hauptrunde, für die aufgrund der vielen Euroleague-Reisen keine Vorbereitungszeit blieb, sind die Berliner nun sehr ausgeruht. Der Infekt, der Luke Sikma, Louis Olinde, Maodo Lo und Malte Delow während der Serie gegen Bamberg geschwächt oder außer Gefecht gesetzt hatte, scheint überwunden zu sein. „Alle erholen sich und ich hoffe, sie können Freitag spielen“, sagt Gonzalez. Das gilt auch für Johannes Thiemann, der zuletzt wegen Knieproblemen pausieren musste. Nur für Marcus Eriksson kommt das Spiel trotz deutlicher Fortschritte noch zu früh.
Ganz so schlimm war die spielfreie Woche für die gesundheitlich leicht angeschlagenen Berliner also nicht. Gonzalez wird wohl trotzdem kein Freund mehr des ausschweifenden Spielplans. „Wir haben die gesamte Saison alle zwei oder drei Tage gespielt und entsprechend trainiert“, sagt der Spanier. „Und in der entscheidenden Phase der Saison können wir das nicht nutzen.“