Ankauf einer Antisemitismus-Sammlung
Das Deutsche Historische Museum (DHM) hat die bedeutende Antisemitismus-Sammlung von Wolfgang Haney erworben. Haney, 1924 in Berlin geboren, hatte in 30-jähriger Arbeit 15.000 Objekte zur Geschichte des Antisemitismus zusammengetragen, wie das Museum am Montag in Berlin mitteilte.
Dazu gehörten Zeugnisse zur Verfolgung und Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden, zu Konzentrationslagern und Ghettos sowie zur medialen Aufarbeitung des Nationalsozialismus nach 1945 und gegenwärtigen Formen von Rechtsextremismus.
Wolfgang Haney, der 2017 gestorben ist, hatte in den 1980er Jahren damit begonnen, die Objekte zu sammeln. Cirka eine Million Euro soll er insgesamt für den Erwerb ausgegeben haben. In der neuen Ständigen Ausstellung
des DHM soll die Sammlung Haney eine wichtige Rolle einnehmen. Die erworbenen Objekte schließen Lücken in der bereits vorhandenen Sammlung besonders im Bereich „Konzentrationslager und NS-Ghettos“.
Pionierarbeit zur Erforschung nationalsozialistischer Verfolgung
Der Erwerb der Sammlung sei mit rechtlichen und ethischen Fragen zur Herkunft der Objekte verbunden, hieß es. Das Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin untersuche die Geschichte der Objekte deshalb in Kooperation mit dem Museum. Der Ankauf erfolgte mit Unterstützung von Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (beide CDU).
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Die Erforschung der Sammlung werde zu einem tieferen Verständnis darüber verhelfen, wie alltagsprägend antisemitische Einstellungen seit Mitte des 19. Jahrhunderts gewesen seien, sagte der Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum, Raphael Gross. „Im Zuge der Neukonzeption unserer Ständigen Ausstellung ist es dem DHM ein wichtiges Anliegen, sich in einem bedeutsameren Rahmen als bisher mit der Geschichte und Gegenwart von Antisemitismus auseinanderzusetzen”, so Gross. Haneys Sammlung soll einer der Grundsteine dafür sein.
Grundstock für eine Neuausrichtung der Ausstellung im DHM
Die Kulturstaatsministerin betonte, die Sammlung enthalte historisch einzigartige Zeugnisse, die „auf beklemmende Weise nationalsozialistische Menschheitsverbrechen nachzeichnen“. Laut Bundesforschungsministerin können die Objekte wertvolle Erkenntnisse über Entstehung und Verbreitung des Antisemitismus liefern, als Grundlage, um diesen heute wirksam zu bekämpfen.
Wolfgang Haney hat im Laufe der Jahrzehnte etwa über 1000 Bildpostkarten mit judenfeindlichen Motiven aus der Zeit um 1900 gesammelt. Zur Sammlung des Holocaust-Zeitzeugen gehören außerdem Plakate und Bekanntmachungen, Flugblätter, Broschüren, eine Plakatsammlung zur Dreyfus-Affäre, Gegenstände wie Häftlingsnummern, Armbinden, Kleidung und Urkunden aus nationalsozialistischen Lagern, Briefe, Tagebücher und Pässe, Originalzeichnungen, historische Zeitschriften und Tageszeitungen sowie historische Werbematerialien für Filme, darunter umfangreiches Material zu „Jud Süss“.
Antisemitische Aufkleber und Sticker
Von Haney zusammengetragene Fotografien „dokumentieren die Verfolgung und Ermordung von Juden vor allem in den osteuropäischen NS-Besatzungsgebieten“, teilt das Museum mit. Teil der Sammlung ist ebenfalls eine Vielzahl „antisemitischer und anti-antisemitischer Aufkleber und Sticker“. Eine derart große Sammlung dieser fragilen Zeugnisse aus der Zeit des Nationalsozialismus sei äußerst selten, so das DHM.
Wolfgang Haney hat die NS-Verbrechen gegen die Juden selbst miterlebt. Seine Mutter war Jüdin und hatte den Holocaust mit Hilfe ihres Sohnes überlebt, versteckt in einer Holzhütte in Rehfelde, östlich von Berlin. Haneys Vater hatte aufgrund seiner Ehe mit einer Jüdin während des Zweiten Weltkriegs in einem Strafbataillon arbeiten müssen. Tsp/epd/dpa