Pferdesport und Vorurteile: Wo der Vorwurf der Tierquälerei falsch ist

Heftige Peitschenhiebe, dramatische Stürze und Pferde, die kurz vor den Hindernissen bocken. Aus dem Reitsport kursuieren immer wieder schockierende Bilder. Aber ist Reiten wirklich so verwerflich?

Tierquälerei ist gerade im Zusammenhang mit großen Veranstaltungen wie Olympia Thema. Im modernen Fünfkampf ist Springreiten ab den kommenden Sommerspielen sogar nicht mehr im Programm vorgesehen. Tatsächlich werden die wenigsten Pferde im professionellen Reitsport eingesetzt. Pferde sind in unserer Gesellschaft allerdings auch kaum mehr als Nutztiere im Einsatz. In Deutschland leben ca. 1,3 Millionen Tiere, davon werden nur die wenigsten als Nutztiere gebraucht. Für verschiedene berufliche Kontexte gibt es verschiedene Anforderungen oder sind spezielle Rassen gefordert.

Barbara Wallner lehrt an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien. Sie sagt: „Die Pferderassen sind alle hoch spezialisiert und gerade für so einen Job, wie zum Beispiel bei der Polizei, braucht es schon eine gewisse Größe, dazu Ruhe und besondere Stärke. Das hat ja auch einen Repräsentationszweck, wenn da die Polizei einschreitet.“

7000

Reitvereine gibt es in Deutschland

Pferde werden auch in Wäldern eingesetzt, um schwere Bäume zu ziehen, ohne den Waldboden zu sehr zu belasten, wie es Maschinen tun würden. In der Landwirtschaft waren Pferde früher sehr verbreitet, inzwischen gibt es ausreichend technische Gerätschaften. Auf vielen Höfen sind sie dennoch auch heute noch in Deutschland anzutreffen. Und als Kutschpferde, häufig zum Amüsement von Touristen, kommen Pferde natürlich ebenso zum Einsatz.

Und dann ist da noch der Reitsport, Deutschland ist hier seit Jahren führend. Bei Olympia in Paris gab es insgesamt vier Goldmedaillen für deutsche Reiterinnen und Reiter. Es gibt hierzulande mehr als 7000 Reitvereine. Viele Menschen sehen den Turniersport mit Pferden allerdings kritisch.

Barbara Wallner kann den Vorwurf der Tierquälerei nicht unbedingt nachvollziehen: „Wenn man es lange genug gelernt hat und es richtig kann, sehe ich da kein Problem“, sagt sie. Allerdings sehe sie immer häufiger, „dass die Ausbildung heutzutage viel schneller abläuft als früher“.

Natürlich gibt es auch bei Pferden Tendenzen zu Krankheiten, wo man bei bestimmten Rassen wirklich aufpassen muss.

Barbara Wallner, Veterinärmedizinischen Universität in Wien

Die Biologin und Pferdewissenschaftlerin Kathrin Kienapfel sieht sogar positive Aspekte des Reitens. „Ich bin der festen Überzeugung, dass gutes Reiten die Pferde gesund erhält, und ein Ersatz für die natürlichen Bewegungen in der freien Natur sein und ihnen Spaß machen kann“, sagt sie. „Die meisten Defizite entstehen dort, wo Reiter ihre Hilfsmittel so einsetzen, dass sie dem Tier Schmerzen verursachen.“

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Auch bei der Pferdezucht könnten durchaus Probleme auftreten, die Krankheiten zur Folge haben, sagt Barbara Wallner von der Veterinärmedizinischen Universität in Wien. „Bei Hunden weiß man das schon sehr gut, anhand von extremen Hautfalten oder besonders kurzen Nasen. Und natürlich gibt es auch bei Pferden Tendenzen, wo man bei bestimmten Rassen wirklich aufpassen muss.“

Für die meisten Leute ist das Reiten ein spaßiges Hobby, aber auch ein Privileg, denn es ist teuer. Nicht nur das eigene Pferd kostet schon über tausende Euro, hinzu kommen noch mehre 1000 Euro für die Unterkunft, Futter und andere Kosten für den Unterhalt. Selbst wenn man ohne eigenes Pferd reitet, muss man tief in die Tasche greifen, denn auch der Reitunterricht ist teuer.

Reiten bringt jedoch nicht nur Bewegung mit sich. Mit einem Pferd lernt man viel Verantwortung zu übernehmen und baut Verbindung und Vertrauen auf. Im therapeutischen Reiten nützt das Pferd etwa als den Menschen als Medium. Es wäre also verkürzt, den Pferdesport allein auf den kleinen Ausschnitt professioneller Reitsport zu reduzieren.

Alice Glusgold absolviert derzeit ein Schülerpraktikum in der Sportredaktion des Tagesspiegels. Sie ist lange selbst geritten und interessiert sich bis heute für die Sportart.