„Fußball ist keine Sache, die in einer Woche funktioniert“: So hat Steffen Baumgart beim 1. FC Union die Wende geschafft

Ekel ist gemeinhin kein besonders positiv konnotiertes Substantiv, am Rande der Wuhlheide in Berlin-Köpenick sieht das allerdings ganz anders aus.
Jahrelang klagten die Mannschaften, die aus allen Ecken der Bundesrepublik oder sogar aus dem europäischen Ausland anreisten, wie eklig es sei, gegen den 1. FC Union zu spielen – und die Berliner interpretierten dies als das größtmögliche Kompliment.
Nachdem das Team seine liebste Eigenschaft in der Hinrunde der vergangenen Saison verloren hatte und trotz vieler Veränderungen bedrohlich in die Abstiegsregionen getaumelt war, scheinen die Köpenicker ihre Identität vor dem Auswärtsspiel bei Meister Bayer Leverkusen am Samstag (15.30 Uhr, Sky) wiedergefunden zu haben. Union steht defensiv wieder stabil, erobert viele zweite Bälle, ist unangenehm in den Zweikämpfen und effizient.
Es hat länger gedauert, als sich das die Verantwortlichen in Köpenick erhofft hatten, doch nach dem Trainerwechsel von Bo Svensson zu Steffen Baumgart kurz vor dem Jahreswechsel hat Union wieder die richtige Balance gefunden. „Fußball ist keine Sache, die in einer Woche funktioniert“, sagt Baumgart.
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Wir können gerne von Schnickschnack reden, aber Union-Fußball ist gradlinig, ist Mentalität.
Steffen Baumgart
Die ersten Monate unter dem früheren Union-Stürmer waren schwierig, mit jedem Spiel wuchsen die Zweifel und die Abstiegsgefahr. Baumgart war mit präzisen Vorstellungen nach Berlin zurückgekehrt, musste aber auf dem Platz feststellen, dass sich diese nicht so einfach in der laufenden Saison umsetzen lassen, insbesondere in einer verunsicherten Mannschaft.
Die Umstellung auf Viererkette nahm der Defensive viele Automatismen, sodass Baumgart zum gewohnten System mit drei Innenverteidigern zurückkehrte. Der Trainer experimentierte wochenlang personell, stellte auf der Suche nach einer funktionierenden Aufstellung immer wieder um. Mittlerweile hat Baumgart ein Gerüst gefunden und es ist kein Zufall, dass die altgedienten Führungsspieler Christopher Trimmel und Rani Khedira wieder Teil davon sind.
Es gibt durchaus taktische Unterschiede zur Ära von Urs Fischer, die mit dem 0:4 beim letzten Gastspiel in Leverkusen nach mehr als fünf Jahren endete. Union presst unter Baumgart höher und sucht teilweise noch direkter den Weg nach vorne, als dies über weite Strecken unter dem Schweizer der Fall war. Die Basics, um bei einem von Fischers Lieblingstermini zu bleiben, sind aber nahezu identisch.
Baumgarts vielleicht größtes Verdienst ist es, dass er erkannt hat, womit sich seine Spieler wohlfühlen. Viele zweifelten an seiner Eignung als Trainer von Union in dieser Phase, weil sie ihn für einen Dogmatiker hielten, der seinen Fußball auf Teufel komm raus durchsetzen würde.
Doch aktuell ist Baumgart vor allem Pragmatiker – und das mit zehn Punkten aus den vier schweren Spielen gegen Frankfurt, Bayern, Freiburg und Wolfsburg sehr erfolgreich. „Es geht darum: Was können die Jungs und was liegt ihnen vielleicht nicht?“, sagt Baumgart und gibt die Antwort gleich selbst: „Was ihnen immer gelegen hat, ist Union-Fußball.“