Ausschreitungen überschatten Niederlage des 1. FC Union

Das Auswärtsspiel in der Conference League bei Feyenoord Rotterdam stand für den 1. FC Union nicht gerade unter einem guten Stern. Kurz vor der Abreise musste sich Abwehrchef Marvin Friedrich aufgrund einer Coronavirus-Infektion in Quarantäne begeben.

Am Mittwochabend wurde dann die Berliner Delegation um Präsident Dirk Zingler in einem Restaurant in der Rotterdamer Innenstadt tätlich angegriffen, mutmaßlich von Feyenoord-Hooligans. Und schließlich verkomplizierte sich die Anreise der 2400 Berliner Fans durch das Sturmtief Ignatz merklich.

Es lag jedoch nicht am Wetter, dass ein wesentlicher Teil von Unions Anhang, der den Weg zum Stadion mit einem Fanmarsch zurückgelegt hatte, den Gästeblock erst weit nach Anpfiff erreichte. Laut Unions Fanhilfe warteten selbst zur Halbzeit noch Hunderte Anhänger vor dem Stadion auf Einlass. Es gab Berichte über Gewalteinsatz der Polizei, demnach mussten mindestens fünf Berliner im Krankenhaus behandelt werden.

„Wir waren mit mehreren Mitarbeitern vor Ort und aus unserer Sicht war das eine katastrophale Einlassituation“, sagte Unions Pressesprecher Christian Arbeit. „Wenn es dazu Berichte und Bilder von Verletzten gibt, aufgrund von einem offensichtlich harten Polizeieinsatz, ist das nicht hinnehmbar.“ Die Ereignisse dieser zwei Tage müssten sehr gründlich aufgearbeitet werden. „Mit allen Beteiligten: Veranstalter, Verein, Uefa.“

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Angesichts solcher Vorkommnisse relativiert sich die Bedeutung eines Fußballspiels – und auch auf dem Rasen erlebten die Berliner einen gebrauchten Abend. Im dritten Spiel der Gruppenphase kassierten die Berliner am Donnerstag im altehrwürdigen De Kuip eine 1:3 (1:2)-Niederlage gegen Feyenoord Rotterdam. Unions Tor zum zwischenzeitlichen 1:2 erzielte Taiwo Awoniyi per Kopf.

In der Anfangsphase verzichteten beide Mannschaften auf vorsichtiges Abtasten und suchten nach Ballgewinn den schnellen Weg nach vorne. Als nach knapp zehn Minuten immer mehr Berliner Fans ankamen und sich lautstark bemerkbar machten, hatte Union eine erste Strafraumszene. Awoniyi wurde aber unmittelbar vor dem Abschluss robust zu Fall gebracht, Schiedsrichter Giorgi Kruashvili ließ weiterlaufen.

Der Kolumbianer Sinisterra war von den Unionern nicht zu kontrollieren

Wenig später bekam Union einen ersten Vorgeschmack darauf, wie es gegen eine Mannschaft wie Feyenoord laufen kann. Der dreifache Europapokalsieger ist zwar nicht mehr das Spitzenteam der Vergangenheit, hat aber immer noch ein paar extrem talentierte Fußballer in seinen Reihen.

Besonders der junge Kolumbianer Luis Sinisterra, den die Rotterdamer Fans schon in der Straßenbahn enthusiastisch besungen hatten, verzückte das Publikum mehrfach mit seiner Mischung aus Schnelligkeit, Agilität und Trickreichtum. In der 12. Minute entwischte Sinisterra auf der linken Seite Paul Jaeckel, legte den Ball zurück an den Elfmeterpunkt, Guus Til traf diesen nicht voll, doch Alireza Jahanbakhsh staubte aus zwei Metern ab.

Unions Taiwo Awoniyi (r.) stemmte sich mit aller Macht gegen die Niederlage.Foto: dpa

Union wurde von diesem Rückstand kalt erwischt. Die Berliner wirkten für einige Minuten überfordert und konfus. Die Abstände zwischen Mittelfeld und Angreifern waren zu groß und Feyenoord drang über die Seiten immer wieder in den Strafraum ein. Das 2:0 fiel dann aber nicht nach einem schönen Angriff, sondern nach einem hohen Ball. Robin Knoche konnte diesen in Bedrängnis nicht kontrollieren und Bryan Linssen nutzte die freie Bahn zum Berliner Tor für einen trockenen Flachschuss. Knoche regte sich zwar furchtbar auf und monierte, er sei von hinten gestoßen worden, doch das Tor zählte.

Die Berliner auf dem Feld und im Gästeblock mussten sich erst mal schütteln, fanden aber schnell zurück ins Spiel – und zwar nach einer Standardsituation. Trimmel flankte butterweich an den Fünfmeterraum und Awoniyi köpfte unhaltbar in die rechte Ecke. Da Feyenoord in der Nachspielzeit noch eine Dreifachchance vergab, war Union mit dem 1:2 zur Halbzeit gut bedient.

In der zweiten Hälfte überließen die Niederländer Union den Ball für lange Phasen und lauerte auf Konter. Das Spiel wurde damit weniger impulsiv und deutlich taktischer. Klare Chancen gab es allerdings nicht und so griff Fischer personell und später auch taktisch ein. Während Cedric Teuchert, Andreas Voglsammer und Niko Gießelmann noch auf ihre Einwechslung warteten, erzielte Feyenoord jedoch das dritte Tor. Einen Schuss von Linssen konnte Luthe parieren, doch Sinisterra staubte ab.

Union hatte nun nichts mehr entgegenzusetzen und viel Glück, dass Feyenoord nicht noch ein viertes Tor nachlegte. „Das war ein hochverdienter Sieg“, sagte Fischer. „Wir haben es ihnen viel zu einfach gemacht.“