Kulturtransfer aus dem Orient: Die Migration der Kunstwerke
Als im Jahr 2008 das Museum für Islamische Kunst in Katar eröffnet wurde, zählte zu den Glanzstücken der aus Pisa ausgeliehene bronzene Greif, der jahrhundertelang als Wasserspeier am Dom gedient hatte. Er stammte allerdings aus Persien und war 1063 von den Pisanern im Kampf gegen die Sarazenen erbeutet worden.
150 Jahre später eroberten christliche Kreuzritter die byzantinische Hauptstadt Konstantinopel und plünderten sie bis auf den Grund. Was sie nach Hause brachten, zumeist nach Venedig, waren nicht nur byzantinische und griechische, sondern ebenso islamische Kunstwerke und Schriften.
So vieles aus islamischen Ländern gelangte ins christliche Europa – und so wenig ist bis heute im allgemeinen Bewusstsein. Erst seit einigen Jahren wird in den Wissenschaften der „Kulturtransfer“ zwischen den Kontinenten und Kulturräumen untersucht, der nicht nur die Wanderung von Objekten bezeichnet, sondern ebenso von bildlichen Motiven wie von Gedanken und Erkenntnissen.
Dabei wird die mediterrane Welt als eine Einheit betrachtet, die die islamischen Herrschaften im Süden Spaniens, in Sizilien und auf den östlichen Inseln ebenso umfasst wie die christlichen Fürstentümer, die ihnen sei’s vorausgingen oder nachfolgten.
Faszination für arabische Schrift
Ein bedeutendes Hindernis des Austauschs bildet die Verschiedenartigkeit der Schriftsysteme, lateinisch und griechisch hier, arabisch dort. Ein Hindernis, aber kein unüberwindliches, wie zumal die Faszination christlicher Künstler mit der Schrift des Ostens beweist.
Es gab – natürlich, wie man hinzufügen muss – ebenso den Kulturtransfer von West nach Ost. So wurden die Blumenmotive, die wir heute in den Intarsien am indischen Grabmal des Taj Mahal bewundern, nach europäischen Vorlagen geschaffen, und überreich sind persische und indoislamische Miniaturmalereien. Mit dem Bilderverbot nahmen es die islamischen Herrscher ohnehin nicht immer genau.
Der osmanische Sultan ließ sich 1480 den besten Maler Venedigs kommen, um sich portraitieren zu lassen. Es war Giovanni Bellini. Sein Sultansporträt, heute in London, zeigt Mehmet den Eroberer, so genannt, weil er 1453 das christliche Konstantinopel erobert und zur Hauptstadt des osmanischen Reiches gemacht hatte. Er beanspruchte fortan den Titel „Kayser-i Rum“, Römischer Kaiser..
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