Musik und Comedy mit Ass-Dur im Tipi: Bruderliebe und Blockflötenterror
Die Kombination ist ein Klassiker komischer Reibung: der Strahlemann trifft den Dauernörgler. Ein unverwüstliches Prinzip, nach dem auch „Die große Ass-Dur Weihnachtsshow“ im Tipi am Kanzleramt funktioniert. Gut funktioniert, wie sich am Ende der puppenlustigen Show sagen lässt.
Und dass, obwohl sie mit einem Attentat aufs Gehör beginnt. Da betätigen sich die Musikkomödianten Florian und Dominik Wagner erstmal als Blockflöten des Todes. Und zersägen beim Gekabbel über den perfekten Showopener mit schrillem Sopranblockflöten-Getute mehrere Weihnachtslieder. Natürlich als Zitat familiärer Hausmusik zum Fest, bei der minderbemittelte Blockflötentalente, die von den Großeltern pflichtschuldigst gelobt werden, die klassische Besetzung sind.
Ganz klassisch an der „Hanns Eisler“ studiert
Apropos Klassik. Eine Karriere in diesem musikalischen Feld hat Dominik Wagner einst zugunsten von Ass-Dur an den Nagel gehängt. Seit 2006 hat sich das Duo, das nicht nur Klassik, sondern auch Pop für seine Scherze ausbeutet, einen soliden Ruf auf den Bühnen der Republik erblödelt. Zuerst in der Kombination Dominik Wagner und Benedikt Zeitner. Die beiden mehrfach beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ ausgezeichneten Nachwuchsmusiker hatten sich beim Studium an der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler kennengelernt.
2019 wechselte die Besetzung, seitdem ist Ass-Dur ein Familienunternehmen. An der Seite des Violinisten und studierten Musiktheaterregisseurs Dominik Wagner ist jetzt sein Pianisten-Bruder Florian Wagner als bessere Hälfte tätig.
Fans des Off-Musicals sind die beiden auch als Macher von „Sarg niemals nie – Ein Musical zum Totlachen“ bekannt, einer schwarzhumorigen Musiktheaterproduktion, die vor einigen Jahren an der Neuköllner Oper uraufgeführt wurde.
Schwarzer Humor ist auch das, was Bruder Dominik als Dauernörgler bei der „auch für Weihnachtsmuffel“ geeigneten Show veranstaltet. Als Deppenkostüm dient ihm ein Weihnachtspullover, in dem er unvorteilhaft von Florian absticht, der ein festliches rotes Samtsakko zum Entertainerlächeln trägt. Dominik, der nachlässig auf der Klavierbank hängt, stänkert gegen Florian, lobt die eigenen Gags, macht die des Bruders madig. Neid stärkt eben seit jeher die Geschwisterliebe.
Ass-Durs Humorprinzip sind dusselige Wortspiele, wie man sie eher von britischen Komikern als von deutschen kennt. Kostprobe gefällig? „Neulich habe ich online zum ersten Mal Blumen bestellt. Prompt kam eine Mail zurück: die Bestellung sei eingegangen.“ Brüllendes Gelächter im Publikum.
Die Ulkversion von „Feliz Navidad“ ist ein Brüller
Auch die Ass-Dur-Fassung von José Felicianos Weihnachtsstandard „Feliz Navidad“ ist ein Heuler. Aus den Silben „Feliz“, „Navi“ und „dad“ klöppeln sie einen Irrsinnstext, der sich um Flies-Pullis und Autofahren mit Navi dreht.
Unterstützt von einem Keyboarder, Bassisten und Schlagzeuger – „unsere Heiliga-Band“ – entfachen die beiden an Klavier und Geige einen mal fetten, mal intim akustischen Sound. Als Bühnenbild dienen 24 Adventskalenderkästchen, die einzeln aufleuchten, wenn sich ein Gimmick dahinter verbirgt. Und auch das Publikum ist gefordert. Beim Mitsingen und Mittanzen kommt ordentlich Frohsinn auf, zumal der Ass-Dur-Hit „Tanzen im Sitzen“ kompatibel mit bestuhlten Theaterzelten ist.
Dass die Wagner-Brüder ihre Instrumente ebenso beherrschen wie die Musikstile wird bei den Nummern deutlich, in denen sie Helene Fischers „Atemlos“ im Stil von Mozart, Liszt und Beethoven intonieren. Oder ein Klavierkonzert von Bach vierhändig aufführen und sich dabei ausziehen und Kostüm tauschen.
Das hat zirzensische Qualitäten. Und ist neben dem bejubelten Gaga-Krippenspiel der Höhepunkt der druckvollen, aber zu kurz geratenen zweiten Showhälfte.
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