75 Jahre Deutsche Journalistenschule in München: Wohlfeile Worte zum Festakt

Die Deutsche Journalistenschule in München ist die älteste Einrichtung dieser Art in der Bundesrepublik und die Liste der 2600 Medienschaffenden, die dort bislang ausgebildet wurden, liest sich wie ein „Who’s Who“ der Branche. Dazu gehören aktive und ehemalige Intendanten wie Joachim Knuth oder Ulrich Wilhelm, Chefredakteure wie Brigitte Huber oder Andreas Petzold, bekannte TV-Gesichter wie Günther Jauch oder Sandra Maischberger. Und so ist es verständlich, dass Bundeskanzler Olaf Scholz es zum 75. Jubiläum der Schulgründung nicht bei Grußworten beließ, sondern die Feier im Münchener Prinzregententheater für einige grundsätzliche Gedanken zur aktuellen Medienwelt nutzte.

Die Bedeutung des Journalismus und der „freien, unabhängigen und vielfältigen Presse“ für den Bestand der Demokratie zu würdigen, ist dabei freilich unverzichtbar. Scholz spricht jedoch zugleich die wachsende Entfremdung von Politik und Journalismus auf der einen Seite und einem Teil der Gesellschaft in Deutschland auf der anderen Seite an. Es sei gefährlich, die Menschen aus dem Blick zu verlieren, die keine Medien nutzten, so der Bundeskanzler.

Bei der Vielfalt der Redaktionen ist, vorsichtig gesagt, noch Luft nach oben.

Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Festrede zu 75 Jahren Deutsche Journalistenschule.

Scholz plädierte vor den Gästen des Festaktes für „mehr Meinungsvielfalt“ im deutschen Journalismus, für „mehr Inhalte statt Kampagnen“. Das würde Deutschland guttun. Außerdem müsse sich in den Redaktionen etwas verändern. Es gebe dort noch immer zu wenige ostdeutsche Stimmen, auch zu wenige Frauen in Führungspositionen. „Bei der Vielfalt der Redaktionen ist, vorsichtig gesagt, noch Luft nach oben“, stellt der SPD-Politiker fest.

Zur Vielfalt in den Redaktionen gehört zugleich die Vielfalt der Redaktionen. Letztere wird gerade durch die Politik selbst bedroht. Vor allem außerhalb der großen Städte und Ballungsräume wird es zunehmend schwerer, die „freie, unabhängige und vielfältige Presse“ – die Scholz so lobend erwähnt – zu finanzieren. Das große Zeitungssterben ist in Deutschland bislang zwar ausgeblieben, aber die Liste der inzwischen geschlossenen Lokalredaktionen in kleineren Städten und auf dem Land ist erschreckend lang.

Der gestiegene Mindestlohn, die immer höheren Papierpreise sowie die sonstigen Vertriebskosten führen inzwischen immer häufiger dazu, dass man auf dem Land seine Zeitung nur noch als E-Paper, aber nicht mehr gedruckt erhält. Doch der Warnruf nach einer fairen Zustellförderung wird von der Politik – nicht erst seit der Ampel – zwar nicht überhört, es folgen aber keine Ergebnisse. Zum Streit um die Ressortzuständigkeit kommt hinzu, dass bislang kein Politiker das Thema zu seiner Herzensangelegenheit gemacht hat und entsprechend handelt.

Markus Söder hat die Absolventen der gefeierten Münchener Journalistenschule als „Fackelträger der Demokratie“ bezeichnet. Die Politik muss aufpassen, dass sie nicht zum Sargträger des Journalismus in der Fläche wird.