Zum Finale der Special Olympics World Games: Herz schlägt Kommerz

Berlin hat sich in der zurückliegenden Woche von seiner besten Seite gezeigt, die Special Olympics World Games schwimmen bis zur Abschlussfeier am Sonntag auf einer Welle der Begeisterung. 12.000 Menschen (Aktive und Betreuer) waren dabei, 16.000 Volunteers haben unterstützt: Dieses großes Sportereignis war nicht nur für die Athletinnen und Athleten ein ganz besonderes. Von dem unglücklichen Ruf der größten Stadt des Landes, mit Organisation und Planung prinzipiell überfordert zu sein, war kaum etwas zu spüren. Es hat vieles funktioniert, und wo etwas nicht funktionierte, da wurde improvisiert. So knuffig, das kann nur Berlin.

Die Stadt hat gefallen, so sehr, dass nun schon die Frage im Raum steht, ob Berlin nach so einem Anlauf nun auch olympiareif ist. Eine Bewerbung für die Sommerspiele im Jahr 2036 (oder 2040) ist in der Planung. Denn wer Special Olympics World Games kann, der sollte auch Olympia können. Dazu kommt der Zauber des olympischen Gedankens für Berlin und für Deutschland zu einem guten Zeitpunkt, finden viele.

Es sind Träumereien. Deutschland ist nicht reif für Olympia. Berlin mit seinen vielen anderen Aufgaben und Problemen ohne Lösungsansätze ist es erst recht nicht. Um sich bewerben zu können, müsste sich die Hauptstadt übrigens aber erst einmal gegen ein halbes Dutzend an Städten oder Regionen durchsetzen, die auch Interesse an Olympia haben. Allerdings ist 2036 oder 2040 noch eine Weile hin. Zurückgedacht: Vor 13 Jahren sahen die Welt und die Sportwelt anders aus als heute. Wie es in 13 Jahren aussieht, weiß kein Mensch.

Natürlich, die Infrastruktur für Olympische Spiele müsste bis dahin auf den Weg gebracht werden. Es müssten neue Sportstätten entstehen, oder, so es dann nachhaltig sein soll, zumindest renoviert werden. Berlin hat zunehmend Probleme mit veralteten und zu wenigen Sportanlagen, eine Olympiabewerbung könnte durchaus ein guter Katalysator für die sportliche Zukunft der Stadt sein.

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Allerdings reicht der Bestand, auch renoviert, nicht für Olympische Sommerspiele aus. Arenen wie die Max-Schmeling-Halle, das Velodrom oder die Schwimmhalle an der Landsberger Allee sind Relikte aus der verkorksten Berliner Olympia-Bewerbung für 2000. Sie sind jetzt schon nicht mehr auf dem neuesten Stand, sie werden es in 13 Jahren erst recht nicht sein. Die Mercedes-Benz-Arena, als einzige in Berlin auf olympischen Standard, würde nicht reichen. Das Olympiastadion müsste überholt werden. Es müsste gebaut werden.

Was das betrifft, ist etwa München besser gerüstet als Berlin mit dem Olympiapark, in dem gerade auch eine neue Mehrzweckarena von einem privaten Investor entsteht.

Bei Olympischen Spielen sind Provisorien undenkbar

Die Special Olympics World Games nutzen die Kraft des Neuen und der Begeisterung, aber die kann auch kaschieren. Da gab es Wettbewerbe in umfunktionierten Messehallen und da wurde wenig gemeckert, wenn es im Provisorium mal hakte. Bei Olympischen Spielen undenkbar. Wenn da nur zwei Zentimeter Oberfläche an einer Laufbahn nicht stimmen oder etwa eine Delegation einer großen Sportnation eine Stunde mit dem Taxi im Stau steht, dann bekommt Berlin was auf die olympische Glocke.

Bei den Special Olympics World Games ging es um die Freude am Sport, um das Zusammenkommen. Zuschauende kamen oft aus dem Umfeld, das Stadtbild wurde nicht durch Hunderttausende Sport-Touristen geprägt. Bei Olympia geht es um Geld, um Kommerz, um Sponsoren, kommt das Olympische Komitee (IOC) ins Spiel, dessen Ruf seit Jahren wegen Machtstrebern und Machenschaften diverser Funktionäre am Boden ist.

In Deutschland und vor allem in Berlin wird es zudem erst einmal darum gehen, die Zustimmung der Bevölkerung zu gewinnen. Und dann wird in Berlin das Datum 2036 noch eine Rolle spielen, Olympia 100 Jahre nach den Nazispielen am selben Ort. Der Gedanke gefällt nicht allen Menschen. Da werden sie beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Vermutlich werden die gelungenen World Games bei der Bewerbung nun ins Feld geführt. Es ist irgendwie schade. Freuen wir uns doch einfach über den guten Geist, der neun Tage über der Stadt lag bei diesen Spielen. Die Protagonist:innen haben viel Begeisterung mitgebracht für ihren Sport, der selten so eine große Bühne und solche Möglichkeiten hatte wie in den Tagen von Berlin. Es war viel Herz dabei, selbst bei den Sponsoren, und nur ganz wenig Kommerz. Ein Getränkesponsor verlangte bei der Eröffnungsfeier, dass Getränke anderer Marken abgeklebt werden bei den Volunteers. Das ist geradezu nichts im Vergleich zu Olympia.    

Berlin hat gefallen. Und es war auch einfach, zu gefallen.