Vor dem PEN-Berlin-Kongress in Kreuzberg: Mehr Erfolgsgeschichte als Hype
Es ist erst anderthalb Jahre her, dass der PEN Berlin gegründet wurde, kurz nach einer turbulenten Versammlung von PEN Deutschland in Gotha und der Demission Deniz Yücels als dessen Vorsitzender. An diesem Samstag findet nach der Mitgliederversammlung am Freitag der zweite PEN-Berlin-Kongress statt, und man hat den Eindruck, dass der Berliner PEN in aller Munde und auf allen Kanälen ein Thema ist. Kein (Diskurs-)Weg führt an ihm vorbei.
Das hat natürlich mit den Debatten zu tun, die es seit dem 7. Oktober gibt, mit den Kontroversen innerhalb dieses PENs, (aber auch außerhalb), den Anwürfen, der PEN Berlin zeige zu wenig Solidarität mit Israel, habe sich nach den Hamas-Morden nicht klar genug positioniert.
Produktiver Aktionismus
Das hat aber auch mit dem produktiven Aktionismus seines Boards zu tun, mit etwa gelungenen Ad-Hoc-Veranstaltungen auf der Frankfurter Buchmesse („In Sorge um Israel“ und der Adania-Shibli-Lesung), und dass Eva Menasse und Deniz Yücel eben selbst auch auf allen Kanälen senden, im Grunde einen eigenen PEN-Hype kreieren.
Man erinnert sich noch gut der Zeiten, da der PEN Deutschland vor sich hin werkelte und das kaum jemanden groß interessierte. Die Bedeutung von PEN Deutschland war nicht die allergrößte, und erst seit der Präsidentschaft von Yücel zog der deutsche Ur-PEN eine gewisse Aufmerksamkeit auf sich, zumindest symbolischer Art. Ganz zu schweigen von eben jener Versammlung in Gotha.
Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie
Natürlich kann es bei einer PEN-Vereinigung nicht nur um Hypes und interne Debatten gehen. Der Arbeitsauftrag lautet, sich für die Freiheit des Wortes, von Meinungen einzusetzen und in aller Welt verfolgten Schriftstellerinnen und Schriftstellern zur Seite zu stehen, materiell, mehr noch immateriell, beispielsweise wie zuletzt die Forderung nach der Freilassung des im Iran inhaftierten Rappers Toomaj Salehi.
Doch werden solche Forderungen eher wahrgenommen, wenn man wie der PEN Berlin die Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie beherrscht. Vor diesem Hintergrund ist die Gründung dieses PENs eine einzige Erfolgsgeschichte. Egal, um im Bild des Kongress-Mottos dieses Wochenendes zu bleiben, wie viele Köpfe sich an diesen Wänden noch stoßen werden.