Von Yaks, Göttern und seligen Kindern
So einen Empfang hat Ugyen (Sherab Dorji) noch nicht erlebt. Wo der Junglehrer aus Thimphu, der Hauptstadt von Bhutan, doch eigentlich davon träumt, den ungeliebten Schuldienst hinzuschmeißen und als Popsänger nach Australien zu gehen.
Nun steht nach einem acht Tage währenden Fußmarsch durch majestätische Landschaften plötzlich ein halbes Dorf als Begrüßungskomitee vor ihm. Und das, obwohl das auf knapp 5000 Höhenmetern gelegene Lunana noch zwei Wegstunden entfernt ist.
Lehrer berühren die Zukunft
Es ist ein Vorgeschmack auf den Respekt, die Dankbarkeit und Wissbegier, mit der Kinder und Erwachsene dem ersehnten Lehrer den Bergsommer über begegnen. In ihren Augen „berühren Lehrer die Zukunft“. So hat Ugyen das nie gesehen und auch in seinem Studium nichts dergleichen erfahren. Er imitiert in seiner Vorliebe für Musik, Klamotten, Technik und Träume den westlichen Lebensstil und hat keine Ahnung von den Gesängen, Kenntnissen und der Spiritualität der Yak-Hirten Buthans.
So wird „Lunana – Das Glück liegt im Himalaya“ zu seiner Bildungsreise in die eigene Identität. Dabei klingen beim morgendlichen Singen der Nationalhymne vor dem kargen Schulhaus auch patriotische Töne an.
[In Berlin läuft “Lunana – Das Glück liegt im Himalya” im Kreuzberger Kino fsk (OmU).]
Aber letztlich geht es dem bhutanischen Filmemacher Pawo Choyningh Dorji um die universelle Entfremdung zwischen städtischen und dörflichen Lebensweisen. Im Spielfilm überhöht durch die Tatsache, dass Lunana ein absoluter Außenposten der Zivilisation ist, wo sich die wettergegerbten Menschen den Yaks und den Göttern der Berge und Pässe näher fühlen als der restlichen Welt.
Im realen Lunana gibt es weder Strom noch Mobilfunk. Also konnten Dorji und sein Team aus Schauspieldebütanten und Laien nur mit Solarstrom drehen.
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Dass der Yak-Hirte Michen (Ugyen Norbu Lhendup), der Ugyen als freundlicher Führer durch das Hochland begleitet, noch nie von Klimawandel und Erderwärmung gehört hat, ändert nichts daran, dass er dessen Folgen – das Schwinden von Eis und Schnee – genau registriert.
Nach anfänglichem Fremdeln stellt Ugyen staunend fest, dass Zufriedenheit nichts mit Komfort zu tun hat. Und dass Menschen ohne Wikipediawissen auf ihre Art gebildet sind. Dorji idealisiert das harte Hochlandleben nicht. Doch die Schönheit der Hirtengesänge, der hohe Himmel und das feine Spiel der Laien verleihen „Lunana“ Zauber.