Verkannter Retter?: Banksy-Dieb in der Ukraine drohen zwölf Jahre Haft

Bei den Ukrainern hatten die Bilder auf den zerstörten Hauswänden Begeisterung ausgelöst. Anfang November waren in mehreren Städten des vom russischen Angriffskrieg erschütterten Land Darstellungen aufgetaucht, die unverkennbar dem britischen Streetart-Künstler Banksy zuzuordnen waren. Der bekannte sich kurz darauf auch offiziell mit einem Video zu diesen Arbeiten, das seine Arbeit in der Ukraine zeigte.

Einige Tage später jedoch war in der Stadt Hostomel eine von ihnen verschwunden. Ohne große Sorgfalt hatten Diebe eine Putzplatte vom Mauerwerk gelöst worden, wo zuvor eine Frau mit Gasmaske und Feuerlöscher in der Hand zu sehen war. Nun hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen den mutmaßlichen Organisator des Kunstdiebstahls eröffnet.

Im drohen bis zu zwölf Jahren Haft wegen „bandenmäßig begangenen schweren Raubes“. Die schwere des Vorwurfs gründet sich vor allem auf das Gutachten eines Sachverständigen, der den Wert der Banksy-Arbeit auf rund 250.000 Dollar bezifferte.

Erklärungen vor den Ermittlern

Doch der Beschuldigte, ein 32-jähriger Mathematiker und Umweltaktivist aus Kiew, beteuert, er habe in bester Absicht gehandelt. Er habe das Kunstwerk retten wollen, weil das ausgebrannte Haus, an dem sich der Künstler verewigte, vor dem Abriss stand. Deshalb will er einen befreundeten Künstler gebeten um Rat gebeten haben, wie man wertvolle Kunstwerke sachgerecht verpacke und transportiere. Der habe zu Sperrholzplatten und Styropur geraten.

Er habe seine Rettungstat auch auf Video dokumentieren wollen, gab Sergej D. bei den Ermittlungen an, in dem er Banksy um Verständnis bitten wollte. Doch dieses Video gibt es nicht.

Auch Zeugenaussagen lassen Zweifel an den hehren Absichten des selbst ernannten Retters aufkommen. Ihnen soll der mutmaßliche Täter erklärt haben, Streetart sei eigentlich gar keine richtige Kunst, sie gehöre allen. Jeder der wolle, könne sie mitnehmen, soll D. behauptet haben.

Wir sind stärker als David. Sie sind schwächer als Goliath.

Das ukrainische Verteidigungsministerium auf Twitter mit Bezug auf das Judo-Graffiti

Die Stadtverwaltung von Hostomel erklärte zu dem Vorfall, sie habe das Haus zwar tatsächlich abreißen wollen, aber Banksys Arbeit durchaus bewahren und an die Wand des geplanten Neubaus anbringen wollen. Darüber hätte man den angeblichen Retter auch informiert, wenn der nur gefragt hätte.

Die Leerstelle.
Die Leerstelle.
© National Police of Ukraine/via Reuters

Insgesamt hatte Banksy im November in der Ukraine sieben Arbeiten an mit Einschlusslöchern übersäten Hauswänden hinterlassen. In den stark zerstörten Kiewer Vororten Borodjanka, Horenka und Irpin zeigen die Graffiti beispielsweise ein Mädchen, das auf den Trümmern Handstand macht oder einen Alten mit langem Bart, der in einer Badewanne sitzt und sich den Rücken mit einer großen Bürste schrubbt.

Die Stadt Irpin, ein Vorort von Kiew, verlieh Banksy gar die Ehrenbürgerschaft. In der Urkunde, die der „Kiyv Independent“ auf seiner Homepage veröffentlichte, heißt es, der Künstler habe „auf die Zerstörung Irpins durch die russischen Aggressoren aufmerksam gemacht und mit seinem Werk die Geschichte des Kampfes von Irpin und die Idee des Wiederaufbaus verewigt“. Auf dem Bild ist kein kleiner, mit einem Judoanzug bekleideter Junge, der einen mehr als doppelt so großen erwachsenen Kämpfer zu Boden wirft. Eine deutliche Anspielung auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Zur Startseite