Theater ums Kino: Nostalgie und Ignoranz

Steven Spielberg hat es getan, Sam Mendes tut es jetzt auch: Sein „Empire of Light“ blendet ebenso wie „Die Fabelmans“ zurück in jene Zeit, als das Kino noch Traumfabrik war. Beiden wird dabei ganz weh ums Herz.

Stimmt schon, dem Kino geht es nicht gut, auch wenn es nicht so dramatisch ist, wie angesichts der corona-bedingt geschlossenen Häuser und des turbobeschleunigten Streaming-Booms befürchtet wurde. Bis dato findet kein großflächiges Kinosterben statt: Noch greifen in Deutschland die letzten Unterstützungsfonds, noch lässt sich der Zuschauerschwund mit der Zögerlichkeit des Publikums bei der Rückkehr in volle Säle erklären. Und die Kinos werben engagierter um ihre Zuschauerinnen und Zuschauer denn je.

Christiane Peitz, Tagesspiegel-Kulturredakteurin, versteht nicht, warum die Filmpreis-Gala und die Eröffnung des Theatertreffens am gleichen Tag stattfinden müssen.

Aber wie lange geht das noch gut? Bleibt die Berlinale mit ihrem Publikums-Überraschungserfolg hierzulande die letzte Bastion der Liebe zur großen Leinwand? Wird es der Reform des hiesigen Filmfördergesetzes gelingen, die Vielfalt zu retten? Oder greift der „Avatar“-Effekt auch bei der deutschen Filmproduktion: Laufen bald immer weniger (dafür umso üppiger geförderte) Filme in einem immer höheren Anteil der noch existierenden Kinosäle?

Die wichtigste Gala der Branche steht in drei Wochen an. Am 12. Mai werden die Deutschen Filmpreise verliehen, der höchste mit Steuergeldern dotierte Kulturpreis der Bundesrepublik. Haushoher Favorit: Edward Bergers „Im Westen nichts Neues“, eine reine Netflix-Produktion. Nicht mal in der Vorauswahl, also auf der Longlist mit 31 Titeln: Christian Petzolds „Roter Himmel“, der von der internationalen Jury der Berlinale mit Silber ausgezeichnet wurde.

Zum Filmstart an diesem Donnerstag sei nochmals an diese bereits vielerorts kritisierte Bankrotterklärung der die staatlichen Preisgelder verteilenden Deutsche Filmakademie und ihrer Vor-Jury erinnert. Von einem Bekenntnis zur Vielfalt, zur Filmkunst oder zum Kino ist die Lola 2023 jedenfalls schon jetzt weit entfernt. Egal, wie viele Statuetten „Im Westen nichts Neues“ abräumen wird.   

Am 12. Mai eröffnet auch das Berliner Theatertreffen, am gleichen Tag, leicht zeitversetzt. Zu den größten Stärken des deutschen Films gehören seine Schauspielerinnen und Schauspieler. Wo kommen die meisten her? Vom Theater.

So brüskiert und schwächt man sich gegenseitig, statt einander den roten Teppich auszurollen und den Rücken zu stärken. 2019, unter Kulturstaatsministerin Monika Grütters, war das schon einmal der Fall. Diesmal ist es ihre Nachfolgerin Claudia Roth, deren Behörde das Geld für die Filmpreise gibt ebenso wie für die das Theatertreffen ausrichtenden Berliner Festspiele, die wohl Gala-Hopping betreiben wird.