Clown müsste man sein
Kurz und knackig ist der Silvesterbeitrag des DSO: Was einerseits sicher Corona geschuldet ist, steigert zum anderen das Vergnügen in flotter Abfolge zu höchster Intensität. Über allem steht die Freude, endlich wieder mit Artist:innen des Circus Roncalli im Tempodrom auftreten zu können. Auch das – leicht reduzierte – Publikum ist amüsierbereit wie nie, klatscht im Takt und applaudiert heftig zu akrobatischen Highlights.
Dabei geht es hier weniger spektakulär als poetisch und humorvoll zu. Dirigent James Gaffigan springt im Verwechselspiel mit Magier Peter Valance aus dem verhängten Glaskasten und überträgt diesen Schwung sogleich auf das Orchester, das mit John Williams`“Olympic Fanfare“ schon begonnen hat, aber jetzt gehörig an die Kandare genommen wird. Der US-Amerikaner, frischgebackener Music Director in Valencia, animiert das Deutsche Symphonie-Orchester zu präzisester Virtuosität und spart dabei nicht mit sprachmächtiger, mit der Bühne kommunizierender Gestik.
“Ode an die Freude” auf dem Flaschen-Xylophon
Ob die Tarantella-Rhythmen aus Borodins „Polowetzer Tänzen“ zu Danil Lysenkos wirbelnder Jonglage mit elf weißen Reifen, die sich überschlagenden Streicherbewegungen in Ligetis frühem „Concert Românesc“ zu den verrückten Saltos der Gruppe „Jump’n Roll“ oder gar der Spannungsaufbau in Miklós Roszas „Parade“ aus der Filmmusik zu „Ben Hur“, bevor Robin Valencia als lebende Kanonenkugel in hohem Bogen durch die Manege geschleudert wird – immer sind Musik und Show punktgenau aufeinander abgestimmt, feuern sich gegenseitig an.
Eine schöne Brechung, wenn Clown Popey das unvermeidliche „Freudenthema“ aus Beethovens 9. Sinfonie durch das Aufprallen kleiner Bälle auf ein Flaschen-„Xylophon“ „interpretiert“, bevor es im Orchester erklingt. Von sanfter, nicht unkitschiger Ironie auch die „Méditation“ aus Massenets Oper „Thaȉs“, wenn das Paar Vanessa & Sven seinen Pas de Deux auf weißem, kerzenumstelltem Flügel vollzieht und Konzertmeister Wei Lu und Solocellist Valentin Radutiu schmelzendes Melos beisteuern. Wei Lu brilliert zuvor mit Vittorio Montis feurigem „Csárdás“, Radutiu mit Paganinis Variationen über Rossinis „Moses in Ägypten“. So lässt sich verschmerzen, dass die Saxophonistin Jess Gillam wegen verschärfter Quarantänebestimmungen nicht aus Großbritannien anreisen konnte – die Mischung aus Klassik und Pop ist auch diesmal überaus gelungen.