So klang es am Hof des Sonnenkönigs

Aus dem begeisterten Publikum ist zu vernehmen, dass er der Meister schlechthin sei. Jordi Savall kommt zu den Barocktagen der Berliner Staatsoper und bringt über 50 Jahre Erfahrung als Gambist, Dirigent und Musikwissenschaftler mit. Seine Ehrendoktortitel und sonstigen Auszeichnungen sind Legion, Hunderte von Platten bezeugen das Ausmaß seiner Arbeit, die Unesco hat ihn zum „Künstler für den Frieden“ ernannt.

Nun aber betritt der spanische Musiker den Pierre Boulez Saal, der mit der Oper kooperiert, um sich der Musik am Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV. zu widmen. Er bringt Le Concert des Nations mit, eines der Ensembles Alter Musik, die er gegründet hat. Die Musiker spielen unter seiner Leitung, ohne dass er auch nur ansatzweise dirigiert. Aber man spürt die besondere Übereinstimmung der musikalischen Vorstellungen. Das Zusammenspiel hat eine Innenspannung, die sich immer wieder erneuert.

Hier darf getanzt werden

Mit dem Programm öffnet sich eine Welt am französischen Hof, in der Jean- Baptiste Lully als „Compositeur de la musique instrumentale du Roi“ herrscht und später auch als „Secrétaire du Roi“, eine Epoche, in der mit dem König getanzt wird und der roi soleil für alle Opernhelden Modell steht. Die Schauspielmusik zu „Le Bourgeois gentilhomme“ repräsentiert Lullys Zusammenarbeit mit Molière. Für die fünfstimmigen Tanzsätze gesellen sich Violine, Flöte und zwei Gamben zu dem musikalischen Grund, den wechselnd Gitarre und Theorbe zum Cembalo anstimmen.

Savall erzählt zwischendurch Anekdoten

Kompositionen von Couperin und Marin Marais, dem Schüler Lullys und Meistergambisten, erklingen mit rhythmischem Impuls in unterschiedlicher Dichte. Zunehmend zeigt sich, dass Jordi Savall in der instrumentalen Polyphonie dominiert. Er spielt auf einer siebensaitigen Bassgambe von Barak Norman, London 1697. Der Ton ist etwas rauh, aber lieblich und voller Anmut. Er eignet sich ebenso für die empfindsame Klage der Musik wie für deren rasante Virtuosität, über die Savall verfügt. Zwischen den Sätzen eines „Concert à deux Violes“ von Monsieur de Sainte-Colombe, einem Komponisten, dessen historische Identität ungeklärt ist, sagt Savall die Satztitel an. Er schiebt auch Anekdotisches ein. Es darf gelacht werden über eine Uneinigkeit der Musiker in der Vortragsfolge. Die zauberhafte Aura dieses Musizierens besteht eben darin, dass es zugleich gelöst und hochkonzentriert ist.