Rettung der Rieck-Hallen: Das Wunder von Berlin

Die Erleichterung war den Beteiligten noch anzusehen. Welche Blamage, wenn es schief gegangen und abgerissen worden wäre, hauchte manch einer über den Rand seines Sektglases hinweg. Die Freunde der Nationalgalerie hatten in den Hamburger Bahnhof eingeladen, um die Rettung der Rieckhallen zu feiern, also auf das „Wunder von Berlin“ anzustoßen.

Anders als beim „Wunder von Bern“ hatte zwar nicht eine ganze Nation mitgefiebert, aber für die Kulturwelt war es doch ein Krimi, ob sich die Kulturhauptstadt Berlin ihr wichtigstes Ausstellungshaus für zeitgenössische Kunst abknöpfen lassen würde. Das Spiel lief auch nicht über zwei Halbzeiten wie beim Fußball, sondern mehrere Jahre.

Die Öffentlichkeit erfuhr immer nur dann davon, wenn es zu versemmeln drohte, um den Druck zu erhöhen, oder der Sieg doch schon sicher schien. Das war im Sommer 2021 mit dem Memorandum of Understanding so, als sich der damalige Regierende Bürgermeister und die zuständigen Senatoren mit der österreichischen Investorengesellschaft CA Immo auf einen Grundstückstausch geeinigt hatten.

Nur fing das Getrete damit erst an. Plötzlich meinten Politiker im Finanzausschuss: Warum Millionen für etwas bezahlen, was einem einst gehörte, nur weil vorherige Politiker es leichtfertig weggaben und die Bauordnung änderten? Kein ganz abwegiger Gedanke, musste auch Kunstanwalt Peter Raue zugeben, der die Rieck-Mannschaft coachte, angefeuert von Peter Klaus Schuster, dem ehemaligen Generaldirektor der Staatlichen Museen.

Es hätte also schiefgehen können, wäre nicht Silvia Schmitten-Walgenbach als Kapitänin von CA Immo eingewechselt worden. Die Vorstandsvorsitzende brachte einen neuen Blick für das Spielfeld mit und erkannte, dass es für den österreichischen Entwickler gar nicht gut aussehen würde, wenn er ausgerechnet in Berlin, wo 30 Prozent seiner Geschäfte abgewickelt werden, mit Baggern auflaufen würde.

Am Ende Sieg für beide Mannschaften. Berlin sichert sich den Hamburger Bahnhof, CA Immo ein besseres Image. Beim Empfang jubeln alle noch einmal: Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die den Ankauf des Hauptgebäudes durch den Bund besorgte, Kultursenator Klaus Lederer und Gero Dimter als Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Den Pokal tragen die beiden Museumsdirektoren Sam Bardaouil und Till Fellrath heim. Auf dem Empfang verabschiedeten sie sich bereits ins Trainingslager: „Jetzt müssen wir etwas daraus machen.“

Nicola Kuhn freut sich über das Ende eines Kunst-Krimis, bei dem alle Beteiligten jubeln können.

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