On the Wood Way
Komödien sind doch das Schwerste. Sonst hätten wir viel mehr davon. Und das wäre gut in diesem Winter unseres Missvergnügens, wie Shakespeare es formulierte. Also her mit den komischen Stücken, wo sind sie versteckt, warum immer so ernst? Immerhin, die Komische Oper zeigt Barrie Koskys „Orpheus in der Unterwelt“, und am Deutschen Theater ist noch vor Weihnachten „Der zerbrochne Krug“ angekündigt – in der deutschen Tradition steht dieses Kleist-Stück formal als Tramödie.
Aber: Be careful what you wish for. Vorsicht vor erfüllten Wünschen. Carlo Goldonis „Der Diener zweier Herren“ ist der Klassiker unter den klassischen Komödien, uraufgeführt vermutlich in Mailand um das Jahr 1746 und zweihundert Jahre später von Giorgio Strehler und dem Piccolo Teatro in den Olymp gespielt. Eine Verwechslungsorgie mit Traumrolle für den Diener. Der heißt im Original Truffaldino und dreht in einem venezianischen Gasthof derart am Rad, dass es am Ende zu einem dreifachen Happyend kommt.
So war das einmal, so muss es nicht bleiben. Aber was zum Teufel – oder „foxdevilswild“, wie sie hier sagen – hat den Regisseur Antú Romereo Nunes auf die Idee gebracht, das Stück am Berliner Ensemble auf Englisch zu spielen, mit deutschen Übertiteln. Und dann auch noch in Fake-Southern-Accent, denn der Servant ist jetzt in den USA unterwegs, bei den Revolverschwingern, den dumpfen Brutalos, rückständigen Hillbillys, den Trumpers (Vorstellungen wieder am 18., 19. und 30. Dezember).
Zwei Stunden in dieser angestrengten Ami-Tonlage, mit monsterhässlichen Gebissen, das grenzt an Körperverletzung. Mit uralten Jokes („There you have the salad …“). Ja, da seid ihr auf dem wood way, aber completely, einige Leute lachen, keiner kapiert was. Soll das Amerika-Kritik sein?
Lili Epply gibt den treuherzig Verliebten und auch noch eine Zofe
Bei Goldoni gibt es eine Frau in Männerkleidern, hier sind alle so. Fünf tolle Schauspielerinnen chargieren durch einen veränderten Plot, der dann natürlich böse enden muss, jedenfalls nicht happy. Constanze Becker mimt Bruder und Schwester (diese als Lederhosenrolle). Cynthia Micas bringt Vater und Tochter ins Spiel, Judith Engel ist der sture Wirt mit dem breitesten Slang. Lili Epply gibt den treuherzig Verliebten und auch noch eine Zofe. Und Stefanie Reinsperger ist hinreißend als Truffaldino – ein supernaiver Fremder im Wilden Westen.
Denglish-Einlagen sind eigentlich Gayle-Tufts-Territory und sollten es auch bleiben. Aber was für ein Ensemble! Eingesperrt in diese Räuberpistole, die ständig Ladehemmung hat und dann nach hinten losgeht. Man möchte sie nun wirklich dringend in der German Version sehen, gibt es die demnächst als Entschädigung? Ein paar Minuten ist das ja komisch, wie in der kurzen Französisch-Einlage, aber for Heaven’s sake – doch nicht abendfüllend.
Einmal rutscht Stefanie Reinsperger ein „Scheiße!“ heraus, da ist der Diener/Servant mal wieder auf der Nase gelandet, und man denkt: Verdammt, wann legt ihr den blöden Sprachtick ab, das Gemalme und Geschmatze, wann endlich ist Feierabend mit der schmerzhaften Parodie? Man hat den Endruck, dass diese fabelhaften Schauspielerinnen schon loslegen würden, weg mit der Südstaaten-Lethargie, aber die Regie will Goldo-Nie!
Und ja, es ist schlimm, wenn so ein Theaterabend, auf den man sich sehr gefreut hat, really, zu ebenso flauen Witzen in der Kritik verleitet. Not funny! Und, last question: Warum soll gerade „Der Diener zweier Herren“ ein Stück über Heimat und Fremde und Zuwanderer sein, wie es im Programmheft steht? I only understand station. Brauchen die eine dramaturgische permission zu spielen eine comedy? I don’t get it. I’m losing it. Besser sponge over, wie wir in Deutschland sagen. Schwamm drüber.