Neujahrsspringen bei der Vierschanzentournee: Anze Lanisek gewinnt, Andreas Wellinger wird Dritter
Andreas Wellinger gab noch während des Geduldsspiels von Garmisch-Partenkirchen grinsend Autogramme. Als der nächste Podestplatz perfekt war, strahlte Deutschlands großer Hoffnungsträger bei der Vierschanzentournee der Skispringer voller Zufriedenheit.
„Das war ein sehr guter Start ins neue Jahr. Ich hoffe, dass der beste Skispringer gewinnt. Die Ausgangsposition ist saugut, weitermachen“, sagte der 28-Jährige am Montag nach dem Neujahrsspringen, das er nach langen Wartezeiten aufgrund der Windverhältnisse auf Rang drei hinter Sloweniens Anze Lanisek und Japans Ryoyu Kobayashi beendete.
Wellinger vs. Kobayashi: Dieses Duell dürfte die 72. Tournee auf den beiden finalen Stationen in Innsbruck und Bischofshofen beschäftigen. Als erster Deutscher seit Sven Hannawald 2002 führt Wellinger zur Halbzeit die Gesamtwertung an.
Mit dem Mini-Polster von 1,8 Punkten (genau ein Meter) will er auch den damaligen Triumph von Hannawald wiederholen und Deutschland nach 22 Jahren Titellosigkeit beim Schanzenspektakel um den Jahreswechsel erlösen. „Ich glaube tatsächlich, er wird das Ding rocken“, sagte Teamkollege Karl Geiger.
Mit seinen Versuchen auf 138 und 137,5 Meter bewies Wellinger erneut Nervenstärke. „Andi Wellinger heute super gesprungen und super gelandet, das war das Wichtigste. Er hat das super gelöst. Die Sprünge waren auf sehr hohem Niveau. Mit dem dritten Platz bin ich sehr zufrieden“, sagte Bundestrainer Stefan Horngacher im ZDF. Einen deutschen Sieg zum Jahresstart gab es seit Hannawald vor 22 Jahren nicht mehr. Diesmal fehlten umgerechnet 2,5 Meter auf den starken Sieger Lanisek.
Karl Geiger kam mit der Schanze nicht so gut zurecht
Aus dem Trio Wellinger, Kobayashi und Stefan Kraft ist Letzterer erst einmal distanziert worden. „Es wird ein Duell bis Bischofshofen“, prognostizierte Chefcoach Horngacher, den Bergisel in Innsbruck bezeichnete er im ZDF als „Zwischenstation“ auf dem Weg zum großen Finale. Topfavorit Kraft musste diesmal zwar keine schwere Garmisch-Niederlage hinnehmen wie in den vergangenen Jahren, verlor nach Platz sechs aber weitere wichtige Punkte im Kampf um den Titel. Er bleibt im Ranking Dritter, liegt aber schon knapp 15 Meter zurück.
Wellinger wirkte begeistert und gelöst. „Mit extrem guten Gefühlen“ fahre er nun weiter nach Österreich, sagte der Ruhpoldinger nach zwei emotionalen Heimspielen. Erst der Erfolg vor 25.500 Zuschauern in Oberstdorf, nun ein weiterer Podestplatz vor der – laut Veranstaltern – Rekordkulisse von 21.000 Fans am Neujahrstag. „Die Punktzahl steht auf dem Papier. Wichtig ist, dass ich weiter so skispringe“, fügte Wellinger an.
Schon am Dienstag (13.30 Uhr/ZDF und Eurosport) geht es mit der Qualifikation in Innsbruck weiter. Es ist die gefürchtete Bergiselschanze, die Deutschlands Adlern in den vergangenen Jahren immer wieder schwere Niederlagen beschert und schon häufiger das Aus im Kampf um den goldenen Adler markiert hatte.
Das in den vergangenen Jahren stimmungsmäßig oft maue Neujahrsspringen wurde 2024 zu einer regelrechten Party. Am ersten Vormittag des neuen Jahres sorgten örtliche Blaskapellen für exzellente Stimmung. Das schwarz-rot-goldene Fahnenmeer wurde begleitet von herrlichem Sonnenschein und Hits von Helene Fischer und Safri Duo. Die von Wellingers Auftakterfolg zusätzlich befeuerte Skisprung-Begeisterung war zum Start in das neue Jahr bestens zu sehen.
Das war ein sehr guter Start ins neue Jahr. Ich hoffe, dass der beste Skispringer gewinnt. Die Ausgangsposition ist saugut, weitermachen.
Andreas Wellinger nach Platz drei in Garmisch
„So ein Sieg in Oberstdorf ist etwas ganz Besonderes. Da muss man die Emotionen ein bisschen rauskommen lassen. Man muss gucken, dass man ein bisschen runterfährt. Man braucht jeden Tag Energie“, sagte TV-Experte Severin Freund, selbst im Dezember 2015 Gewinner im Allgäu, am ZDF-Mikrofon. Und der Publikumsliebling machte alles wie gewohnt.
Getragen von tollen Flugqualitäten und auffällig hohen Anfahrtsgeschwindigkeiten zählt der Ruhpoldinger derzeit bei jedem einzelnen Sprung zur Elite. Das Wirrwarr um seinen gerissenen Anzug sowie die Landungsfehler an Silvester ließ Wellinger hinter sich und zeigte eine erneut beeindruckende Leistung. Der nächste Podiumsplatz war die logische Folge.
Hinter Wellinger konnte – wie bereits in Oberstdorf – kein weiterer Deutscher wirklich um die Podiumsplätze mitspringen. Pius Paschke (10.) war zwar ordentlich dabei, doch die Weltspitze ist für das restliche Team hinter Wellinger ein gutes Stück entfernt. Das gilt auch für Karl Geiger, der vor gut drei Wochen in Klingenthal noch zwei Siege feierte.
„Man muss demütig und geduldig bleiben“, sagte der 30 Jahre alte Allgäuer, der nach 129 und 130 Metern nur Rang 16 belegte. Aus dem Kampf um den Gesamtsieg hat sich Mitfavorit Geiger schon nach den beiden deutschen Stationen verabschiedet. Titelverteidiger Halvor Egner Granerud aus Norwegen war erneut chancenlos und schaffte es nicht einmal in den zweiten Durchgang.