Neue Ausschreibung der TV-Rechte: Die „Sportschau“ kann weg
Wer kann ernsthaft eine „Sportschau“ demontieren wollen, wenn danach, also nach der „Tagesschau“ um 20 Uhr 15 Florian Silbereisen zur „Schlagerparade“ einlädt? Schon in diesem Beispiel zeigt sich das Grundproblem: Umfasst der Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens eine umfassende Bundesliga-Berichterstattung plus eine Silbereisen-Show?
Sinkender Zuspruch
Der Zuspruch zur ARD-„Sportschau“ sinkt seit Jahren. In der vergangenen Saison waren es durchschnittlich noch 3,56 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer. Den wesentlichen Grund hat die Liga mit ihrer Rechtevermarktung selber geschaffen, sie hat einen normalen Spieltag dermaßen filtiert, dass der „Sportschau“ nur noch vier, fünf Spiele zur Zusammenfassung zur Verfügung stehen.
Die Liga denkt mehr an ihre wesentlichen Finanziers – an die Streamingportale Sky und Dazn. Für deren Live- und Exklusivübertragungen an Freitag und Sonntag (Dazn) sowie Samstag (Sky) sind über eine Saison betrachtet die Spitzenpartien reserviert, vornehmlich am Samstag für den Spieltermin um 18 Uhr 30. Wenn an diesem Samstag also das Highlight Bayer Leverkusen gegen den FC Bayern München um 18 Uhr 30 bei Sky angepfiffen wird, dann sieht die parallel laufende „Sportschau“ sehr nach zweiter Liga aus.
Was den Wert der „Sportschau“ weiter attackiert, das ist die zunehmende Zahl der Live-Spiele im Free-TV. Die Auftaktpartie zu jeder Saisonhälfte, finale Begegnungen zum jeweiligen Ende, die Relegationsspiele, mit dem Pakete-Portfolio, das die Liga für die Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29 ausgeschrieben hat, wird das Live- und Exklusiv-Prädikat weiter ausgebaut.
Es darf der Gedanke aufkommen, dass die ARD mit den aktuell 110 Millionen Euro an Lizenzgebühren für die Bundesliga-Rechte ein Fernsehprogramm realisiert, in dem die B- erkennbar die A-Ware überlagert.
Und das für 110 Millionen Euro? Fußball, und nicht nur der Live-Fußball, ist das teuerste Fernsehprodukt. Millionen Euro, die selbst eingefleischte Fans zum Nachdenken bringen sollten.
Die öffentlich-rechtliche ARD muss öffentlich-rechtlicher werden. Unter dem anhaltenden Rechtfertigungs- und Spardruck ist eine Bundesliga-„Sportschau“ ein Programmpunkt, der wegfallen kann. Die Liga hat in ihrer Ausschreibung zwei Pakete am frühen Samstagabend im Angebot, einmal wie gehabt von 18 Uhr 30 bis 20 Uhr 15 und zweitens von 19 Uhr 15 bis 20 Uhr 15. Das könnte einen Privatsender wie RTL interessieren, der – erinnern Sie sich noch? – von 1988 bis 1992 schon einmal die Zusammenfassungsberichterstattungspflicht geleistet hatte. Das hat die Bundesliga nicht besser und nicht schlechter gemacht – und die ARD ist auch nicht untergegangen.
Mein Vorschlag: Die ARD verzichtet auf die „Sportschau“ und überlässt die Zusammenfassung des Teilspieltages dem ZDF-„Sportstudio“. Umgekehrt das Zweite beim Livefußball – Pokal, Länderspiel etc. – dem Ersten zum Ausgleich hier und da den Vortritt lässt. Dieser Modus würde beiden öffentlich-rechtlichen Sendern erhebliches Geld sparen
Die Liga betont immer wieder, wie sehr sie auf die Sichtbarkeit der Bundesliga setzt, was der Free-TV-„Sportschau“ stets den Zuschlag garantierte. Was aber heißt Sichtbarkeit? Erste Zusammenfassung bei den Privaten, späte Zusammenfassung (mit dem 18.30-Spiel) beim ZDF – ist damit Fußball-Deutschland nicht zufriedenzustellen? Oder müssen Brandmauern um die Stadien errichtet werden?
Die ARD kann sich die Bundesliga-„Sportschau“ sparen. Dem Fan geht nichts verloren, der Beitragszahler wird gewinnen. Und wer jetzt meint, ein Erstes Deutsches Fernsehen ohne „Sportschau“, dafür aber mit Florian Silbereisen ist reine Scharlatanerie, der sei an dieser Stelle beruhigt. Geht die „Sportschau“, geht auch Silbereisen, wenn das Diktum gelten soll: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und damit die ARD muss öffentlich-rechtlicher werden.