Die deutsche Leichtathletik erlebt bei der WM ein Debakel

Am letzten Tag der Leichtathletik-Weltmeisterschaften schönte Weitspringerin Malaika Mihambo die deutsche Bilanz mit ihrer Goldmedaille noch einmal, retten konnte sie sie nicht mehr. So schlecht wie diesmal war Deutschland in der WM-Geschichte noch nie.

80 Athletinnen und Athleten hatte der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) zu den Titelkämpfen nach Eugene geschickt, „40 bis 45 Prozent“ hätten ihr Leistungsvermögen nicht abrufen können, erklärte Cheftrainerin Anette Stein.

Wobei das noch sehr wohlwollend formuliert ist, denn insgesamt schafften es die deutschen Starterinnen und Starter nur sieben Mal überhaupt in einen Endkampf der besten acht. Im Medaillenspiegel (einmal Gold, einmal Bronze) war das der 19. Platz – knapp hinter Uganda, das allerdings auch nur 17 Starterinnen und Starter in die Vereinigten Staaten geschickt hatte.

Das deutsche Aufgebot bestand – so hart muss man es leider sagen – überwiegend aus WM-Touristen. Das gab Stein während der WM sogar indirekt zu, als sie sagte, dass so ein Event auch eine Belohnung sei für Athleten, „die lieben, was sie tun“.

Zu kritisieren ist auch die sehr frühe Fokussierung auf die Heim-EM im August in München als eigentlichen Saisonhöhepunkt. Ein besseres Alibi kann es gar nicht geben. Natürlich bietet eine kontinentale Meisterschaft im eigenen Land mehr Chancen und garantiert auch mehr Aufmerksamkeit als die WM jetzt in den Nachtstunden deutscher Zeit. Aber wer sich letztlich so verheerend wie jetzt in Eugene präsentiert, hätte vielleicht besser gleich zuhause bleiben sollen.

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Natürlich, es gab Absagen, Verletzungen und Corona. Aber das trifft, verteilt auf ein großes Event, viele Nationen. Und man kann sicherlich auch anführen, dass es auch keiner anderen europäischen Nation gelungen ist, in den USA mehr als einen Weltmeister zu stellen. Was das eigene Debakel nicht besser macht, höchstens ein bisschen relativiert.

„Wir haben uns bei der WM einen Kick für die Europameisterschaft gewünscht“, sagte DLV-Chef Jürgen Kessing – und musste am Ende eingestehen: „Nur wenn man gute Leistungen zeigt, macht man Appetit auf mehr.“ Der aber dürfte vielen Leichtathletik-Fans in Deutschland erst einmal gründlich vergangen sein.

Bei der EM muss nun Wiedergutmachung betrieben werden. Doch egal, wie die Bilanz in München am Ende aussieht: Vergessen machen kann und darf sie die enttäuschenden Leistungen von Eugene nicht.