Kunst über den Krieg: Dem Grauen Ausdruck geben
Vor ein paar Wochen sah ich im Schinkel Pavillon eine lange nachwirkende Ausstellung mit Künstlern, die von Krieg und Repression erzählen, von Deportation während des Zweiten Weltkrieges, von Gefangenschaft, von Mord. Schreckliche Erfahrungen verarbeitet in Gemälden, Zeichnungen, Texten und Bildhauerei.
Zu sehen war unter anderem ein Gobelin der Hallenser Weberin Johanna Schütz-Wolff, eine Frauenfigur mit starken Konturen, den die Künstlerin aus Angst vor den Nationalsozialisten zerschnitten und versteckt hatte. Einer Ecke sah man die inzwischen ausgebesserte Fehlstelle noch an.
Ausstellung an zwei Orten
Als ich dann am Wochenende einen Abstecher ins Brücke-Museum in Dahlem machte, fiel mir erst auf, dass es dort einen zweiten Teil dieser Ausstellung gibt (an beiden Orten bis 7. Januar). Ich bemerkte es am Teppich, denn auch im Brücke-Museum war eine Webarbeit von Johanna Schütz-Wolff zu sehen.
Birgit Rieger ist Kunstredakteurin des Tagesspiegels und schreibt jeden Mittwoch über Beobachtungen aus der Kunstszene Berlins.
Daneben aber auch Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern, die sich auf jüngere Kriege und Gewaltakte beziehen, von Lawrence Abu Hamdan, der seine konzeptionell-analytischen Arbeiten auch schon als Beweismaterial vor Gericht einsetzte oder von Parastou Forouhar, die Zeitungsartikel und Schriftverkehr im Zusammenhang mit der Ermordung ihrer Eltern durch den iranischen Geheimdienst ausstellt.
Der Titel der Schau „Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit“ bezieht sich auf einen Film von Alexander Kluge von 1985. Darin konfrontieren sich Menschen verschiedener Generationen auf unterschiedliche Art mit den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges.
Als ich die Ausstellung im Schinkel Pavillon im September sah, war der aktuellste Bezug der Krieg in der Ukraine, der seinen Widerhall in den Werken fand. Inzwischen hat sich der terroristische Angriff der Hamas auf Israel ereignet und legt sich in seinem ganzen Horror als weitere Schicht auf die Bilder, Zeichnungen, Videos. Das Leid, das aus den Arbeiten spricht, bleibt Realität, setzt sich fort, nichts ist einfach nur gestern.