Heim-EM im Auswärtstrikot: Marton Dardai von Hertha BSC spielt künftig für Ungarn
Marton Dardai hat für seine Botschaft eine passende Illustration gewählt. Ein Foto, das den Innenverteidiger von Hertha BSC zur Hälfte im Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zeigt und zur Hälfte im Trikot der ungarischen Nationalmannschaft.
Dardai, der im kommenden Monat seinen 22. Geburtstag feiert, ist in Deutschland geboren; als Sohn ungarischer Eltern. Er ist auch fußballerisch in Deutschland sozialisiert worden, hat für die Nachwuchsteams des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) von der U 16 bis zur U 21 insgesamt 25 Junioren-Länderspiele bestritten – und wird doch in Zukunft für die ungarische A-Nationalmannschaft spielen.
„Es versteht sich von selbst, dass mir die Entscheidung nicht leicht gefallen ist“, schrieb Dardai auf seinem Instagram-Account. „Ich weiß, dass ich meine Karriere auch den deutschen Jugendnationalmannschaften zu verdanken habe und dafür sage ich DANKE! Die Entscheidung ist aber auch eine absolute Herzensangelegenheit und deshalb freue ich mich unglaublich, in Zukunft für das Heimatland meiner Eltern aufzulaufen.“
Der 21-Jährige setzt damit gewissermaßen eine Familientradition fort. Sein Vater Pal, aktuell Cheftrainer beim Zweitligisten Hertha BSC, hat zwischen 1998 und 2010 insgesamt 61 Länderspiele für Ungarn bestritten. Sein älterer Bruder Palko wiederum kommt bisher auf einen Einsatz für Ungarns A-Nationalmannschaft. Im November 2022 hat er gegen Griechenland debütiert, nachdem er zuvor ebenfalls (bis zur U 20) für den DFB aufgelaufen war.
Nationaltrainer Rossi war eigens in Berlin
Marton Dardai ist aktueller deutscher U-21-Nationalspieler, doch Ungarn bietet ihm eine Perspektive, die er in Deutschland als Zweitligaspieler, zumindest kurzfristig, nicht hat: die Beförderung in die A-Nationalmannschaft und damit die Teilnahme an der Europameisterschaft in Deutschland im Sommer.
Herthas Defensivspieler hat gute Chancen, die Heim-EM im Auswärtstrikot zu erleben. Ungarn hat sich zum dritten Mal nacheinander für eine Endrunde qualifiziert und trifft in der Gruppe A unter anderem auf Gastgeber Deutschland (19. Juni, in Stuttgart). Die weiteren Gruppengegner sind Schottland und die Schweiz.
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U-Länderspiele hat Marton Dardai für Deutschland bestritten.
Ungarns Nationaltrainer Marco Rossi hat höchstselbst um Marton Dardai geworben. Der Italiener war eigens in Berlin, um den Hertha-Profi von einem Wechsel des Verbandes zu überzeugen.
Das Interesse an ihm besteht schon wesentlich länger. Seit drei Jahren umwirbt der ungarische Verband den mittleren der drei Söhne von Herthas Trainer. Bereits für die vorangegangene EM im Sommer 2021 war Marton Dardai ein Kandidat. Damals ist Ungarn ebenfalls in der Vorrunde auf Deutschland getroffen.
Im November 2020 hat Dardai sein Profidebüt für Hertha BSC gegeben. Seitdem ist er 59-mal für die Berliner in der Ersten und Zweiten Liga zum Einsatz gekommen. In der aktuellen Saison hat Dardai in jedem der bisherigen 21 Pflichtspiele auf dem Platz gestanden. Lediglich am vergangenen Wochenende, beim 2:2 gegen Fortuna Düsseldorf, gehörte er nicht der Startelf an, nachdem er im Trainingslager wegen eines Infekts hatte pausieren müssen.
Bei Hertha ist Marton Dardai in dieser Saison sowohl im defensiven Mittelfeld als auch in der Innenverteidigung zum Einsatz gekommen. In Ungarn ist der Linksfuß eher für die Abwehr vorgesehen. Seine präzisen Diagonalbälle aus der letzten Reihe prädestinieren ihn für den Umschaltfußball, den Rossi spielen lässt – und mit dem das Team zuletzt durchaus erfolgreich war.
Im Juni 2018 hat Rossi, der in der Saison 1996/97 bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag stand, den Posten als Nationaltrainer übernommen. Seitdem sind die Ungarn dreimal auf das deutsche Team getroffen, einmal bei der EM 2021 und zweimal in der Nations League. Die Bilanz aus Sicht der DFB-Elf: kein Sieg, zwei Unentschieden, eine Niederlage.