Kulturwissenschaftler Johannes Franzen: „Die Macht des Publikums nimmt immer mehr zu“

Herr Franzen, als Kulturwissenschaftler beschäftigen Sie sich damit, wie Kunstwerke wahrgenommen werden. Wann haben Sie sich das letzte Mal über kulturellen Geschmack gestritten?
Ich schreibe über Streit und finde es äußerst faszinierend, den Streit anderer zu beobachten, streite mich selbst allerdings gar nicht so gerne. Mir fällt aber ein, dass ich den Film „Der Club der toten Dichter“, der in meinem Freundeskreis oder auf Partys immer mal wieder heruntergemacht wird, nach wie vor gut finde. Ich komme in solchen Situationen in eine Verteidigungshaltung, es entwickelt sich ein gewisser Trotz. Ich möchte nicht hören, dass das ein peinlicher Männerfilm ist. Diese Kritik greift bis zu einem gewissen Grad auch meine Identität an, gerade, weil sie vielleicht auch stimmt. Und ja, es ist mir jetzt auch ein bisschen peinlich, dass das jetzt hier in der Zeitung steht.