Kriminalkomödie „Glass Onion“: Mord ist ein gefährliches Hobby

Das Genre des Whodunit-Krimis, dem eigentlich bereits der Totenschein ausgestellt worden war, hat in den letzten Jahren im Kino eine überraschende Wiederauferstehung erlebt. Natürlich stimmt, was Raymond Chandler verächtlich über die klassischen Mordgeschichten gesagt hat, die aus lauter Schlussfolgerungen bestehen: „Kennst du eine, kennst du alle.“ Ihre schematische Dramaturgie erinnert an Kreuzworträtsel.

Doch wenn das Rätseln mit einem Staraufgebot und erlesener Ausstattung verbunden ist, kann es durchaus noch Spaß machen, das bewies Kenneth Branagh mit seinen nostalgischen Remakes der Agatha-Christie-Verfilmungen „Mord im Orientexpress“ und „Tod auf dem Nil“.

Noch eindrucksvoller war der Triumph, den der amerikanische Regisseur Rian Johnson mit seiner Murder-Mystery-Komödie „Knives Out – Mord ist Familiensache“ feierte. Die versammelte sämtliche Angehörige eines ermordeten greisen Kriminalschriftstellers auf dessen schlossartigem Landsitz, und weil alle von seinem Tod profitierten, waren auch alle verdächtig.

Die Running Gags konnten kaum plumper sein, so musste die Haushälterin sich jedesmal übergeben, wenn sie gelogen hatte. Mit Daniel Craig als Benoit Blanc war ein Meisterdetektiv zur Stelle, der sich wie einst Hercule Poirot mit der Lupe über Perserteppiche beugte, um nach Fußspuren zu fahnden. Die Genre-Parodie spielte weltweit mehr als 310 Millionen Dollar ein<NO1> und gehörte in Deutschland zu den fünf erfolgreichsten Filmen des Jahres 2020.

Erfolge schreien nach einer Fortsetzung, so lauten die Regeln in Hollywood. Deshalb schickt Johnson in „Glass Onion – A Knives Out Mystery“ seinen supereitlen, aber auch superklugen Ermittler Benoit Blanc in neue Ermittlungen, nur dass Daniel Craig ihn diesmal mit noch rollenderem Südstaatenakzent spricht. Überhaupt geht es offenbar darum, den Vorgängerfilm in allen Belangen überbieten zu wollen.

Villa mit Zwiebelturm

Schauplatz ist diesmal eine griechische Insel, auf welcher der exzentrische Tech-Milliardär Miles Bron (Edward Norton) eine Hightech-Villa mit zwiebelförmiger Glaskuppel errichtet hat. Dort sollen alte Freunde, die er einfliegen ließ, ein Detektivrätsel lösen. Unter ihnen: ein mackerhafter, mit Colt in der Badehose posierender Internet-Star (Dave Bautista), eine aufstrebende Politikerin (Kathryn Hahn), aber auch eine Programmiererin (Janelle Monáe), die er aus der gemeinsam gegründeten Firma geworfen hatte.

Bron empfängt sie mit einem Ständchen auf einer Gitarre von Paul McCartney, im Wohnzimmer hängt die aus dem Louvre entliehene „Mona Lisa“ hinter Panzerglas. Natürlich entgleist das Spiel, bald stirbt der erste Gast – nach einen vergifteten Cocktail, der wohl für den Hausherrn bestimmt war.

Vom Dialogwitz aus „Knives Out“ ist in „Glass Onion“, zu dem Johnson wieder das Drehbuch schrieb, nicht mehr viel übrig. Zu den besseren Wortwitzen gehört noch, dass das Ex-Model Birdie Jay (Kate Hudson) glaubt, in ausbeuterischen Sweatshops würden tatsächlich Joggingklamotten hergestellt.

Wenn der Plot wieder einmal ein Loch hat, fällt der Strom aus und dann wird im Dunkeln geschrien und herumgeballert. Auch die kürzlich verstorbene Schauspielerin Angela Lansbury hat einen Gastauftritt. Jede Folge ihrer Erfolgsserie „Mord ist ihr Hobby“ war spannender. [AUTOR_UNTEN]Christian Schröder

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