Kolumne „Berliner Trüffel (41): Wie ein Freund – der „Große Lastenbär“ vor der Zionskirche
Ein Zotteltier mit einem großen Stein auf dem Rücken steht vor der Zionskirche. Sandsteinfarbenes Fell. Breite Schnauze, kleine Ohren, trägt er geduldig die schwere Last auf dem Rücken. Man hat sofort das Gefühl, sich zu ihm gesellen zu wollen. Diese Skulptur wirkt wie ein Magnet.
Im Frühjahr 2021 veranstalteten Constanze Kleiner und Stephan von Wiese eine Ausstellung zum Thema Widerstand in der Zionskirche, einst ein zentraler Ort für friedlichen Widerstand in der DDR. Als die Ausstellung „Points of Resistance“ lief, war die Coronapandemie in vollem Gange.
Der Bären-Skulptur des Berliner Steinbildhauers Stefan Rinck stand als kleine Version auf einem Sockel im Inneren der Kirche und wurde von vielen Besucher:innen angefasst, getätschelt und geliebt. Die Ausstellungsmacher luden den Künstler daraufhin ein, eine große Version herzustellen und diese als Monument vor der Kirche aufzustellen. Als Trost, als Ermutigung, als Herzöffner für alle, die vorbeigehen oder die Kirche besuchen.
Zum 9. November 2021 wurde die Skulptur „Why I bear /Grosser Lastenbär“ aus Elbsandstein mithilfe eines Krans aufs Kopfsteinpflaster vor der Zionskirche gehievt, wo sie seitdem steht. Inzwischen hat sie sich zwei Graffiti-Tags eingefangen, das bleibt in Berlin nicht aus.
Die Figur ist wie ein Freund, winters wie sommers, er trägt und erträgt und scheint zu sagen: „Wir tragen zusammen“. Das Monument, etwa so hoch wie ein großer Erwachsener, löst Empathie aus, man fühlt sich sofort verbunden. Alle wissen aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, eine Last auf den Schultern zu tragen, vielleicht momentan ohne die Möglichkeit, sie abzuschütteln.
Der „Lastenbär“ hatte zunächst die Erlaubnis, zwei Jahre vor der Kirche zu stehen. Regelmäßig prüft der Bezirk seine öffentlichen Denkmäler, was kann bleiben, was soll weg? Dazu lässt sich sagen: Das Bärchen brauchen wir noch!