Katharina Konradi und das Trio Gaspard im Boulez Saal: Volkslieder, abgründig
Purpurfarben ist ihre Stimme, von einnehmender Wärme, strahlend in der Höhe, betörend in der Diktion noch bei den Liedern ohne Worte: Die Sopranistin Katharina Konradi, Ensemblemitglied der Hamburgischen Staatsoper, ist gemeinsam mit dem Trio Gaspard für einen russischen Liederabend in den Boulez Saal gekommen.
Russisch, in diesen Tagen? Die aus Kirgisistan stammende Sängerin macht gleich zu Beginn ihren Standpunkt klar, als sie das vierte von Beethovens russischen Volkslied-Bearbeitungen auf Ukrainisch singt, als solidarische Geste für die dort unter Putins Krieg leidenden Menschen.
Ja, auch Beethoven hat russische Lieder arrangiert, ein Auftragswerk, mit dem der Geldgeber nicht zufrieden war: zu kunstfertig das Ergebnis. Eins handelt übrigens von Stechmücken. Konradi und das kongenial einfühlsame Trio (Jonian Ilias Kadesha, Vashti Hunter, Nicholas Rimmer) legen bei ihrer Liederreise den Fokus vor allem auf jene Passagen, die das Volkstümliche verstören oder transzendieren, mal keck, mal fahl und totenbleich, mal ins Mystische zielend. Jüdisches, Slawisches, Trauermusik, Wiegenlieder, Antikriegs-Weisen: Das Ensemble stellt die Vielfalt dessen unter Beweis, was sonst gern auf die Chiffre „russische Seele“ verkürzt wird.
Auf dem Programm stehen eher unbekanntere Werke von Dissidenten, Schikanierten, Vertriebenen: Schostakowitschs frühes Klaviertrio c-moll, einige seiner für Geige und Klavier arrangierten Präludien op. 34 (köstlich der verzerrte, splitternde As-Dur-Walzer) und seine sieben Lieder nach Gedichten von Alexander Blok. Dazu die Exilantinnen Sofia Gubaidulina, Lera Auerbach und Strawinsky sowie der umgekehrt vor den Nazis aus Polen nach Russland geflohene Mieczysław Weinberg.
Bei seinen „Jüdischen Liedern“ op.13 schreiten die vier das gesamte Spektrum aus, von der heiteren Hommage auf frisch gebackene Brötchen bis zur Klage über die Toten von Auschwitz.