Jubiläumsschau bei der Galerie Raab: Wider den tierischen Ernst

Zum Jubiläum haben die Hauskünstler*innen einen großen Strauß gebunden, eigens geschaffen für die Ausstellung und bereichert um ältere Werke. Bei Giacomo Piussi wurden Rosen für das Arrangement in einer Vase akkurat zurechtgeschnitten, während Björn Heyn in fröhlichen Farben ein Blumenstillleben mit Apfel pinselte. Die Südkoreanerin Mari Kim, die im Geiste der Manga-Comics ihre eigene Figurenwelt kreierte, steuerte mit dem „Mädchen mit Blumen“ eine Hommage an Karl Hofer bei.

Zum „Happy Birthday“ werden zarte lila Blüten in einem pinkfarbenen Behälter von El Bocho, der als Street Artist in der Berliner Kunstszene bereits bekannt ist wie ein bunter Hund. Von dem 2019 verstorbenen Max Kaminski sind die 2007 entstandenen Sonnenblumen zum Greifen nahe vor einer Gebirgskulisse zu sehen, und Markus Lüpertz entdeckte bei sich noch die 1978 entstandene Mischtechnik eines weiblichen Rückenaktes, vor dem Blumen liegen.

Start mit Salomé und Rainer Fetting

Nicht von ungefähr hängt dieses Bild in der Schau, mit der die Galerie Raab ihren 45. Geburtstag begeht. Denn 1978 eröffnete sie ihren ersten Standort im damaligen West-Berlin in Nähe der Potsdamer Brücke und der Nationalgalerie in einem Bauhaus-Gebäude aus Beton der Zwanzigerjahre. Die Räume mit fünf Meter hohen Decken waren bestens geeignet für die Großformate der „Neuen Wilden“, denen die „Zeitgeist“-Ausstellung 1982 im Martin-Gropius-Bau zum internationalen Durchbruch verhalf.

Lebenslust statt Lebensfrust, Emotionalität statt Kopflastigkeit bei expressiver Farbigkeit und unbekümmerter Malweise standen auf dem Programm. Und so waren bei Raab auch die Leinwände von Lüpertz, Luciano Castelli, Elvira Bach, Rainer Fetting, Salomé oder Gariele Gabriel-Thieler zu erwerben.

Fettings radierte Männerakte und Salomés fast lebensgroßes Porträt der Galeriegründerin Ingrid Raab von 1986, das sie mit hocherhobenen Armen von zwei Ringern flankieren lässt, zieren nun die Jubiläumspräsentation. Von Überheblichkeit ist bei Ingrid Raab nichts zu spüren, die bald ihren 80. Geburtstag feiern wird. Lieber lacht sie mal über die Hindernisse, die ihr das Galerieleben beschert haben.

Runter vom hohen Sockel

Von Anfang an war es ihr Ziel, die Kunst unter die Menschen und in deren Zuhause zu bringen – weg vom hohen Sockel musealer Aufbewahrung. Mehrfach wechselte die Galerie ihr Quartier, nach Domizilen entlang der Fasanenstraße in Charlottenburg ab der Jahrtausendwende landete sie schließlich nach Querelen wegen astronomisch hoher Immobilienpreise 2015 in der Goethestraße unweit des Savignyplatzes. Und sie wurde schließlich zu einer Art von Familienbetrieb, in der seit den 1990ern Tochter und Sohn mitwirken.

Der Künstlerstamm ist über die Jahre kontinuierlich gewachsen und umfasst inzwischen drei Generationen. Nach dem Mauerfall kamen Ostdeutsche wie Rolf Händler und Hubertus Giebe hinzu, Amerikaner wie Chuck Close, Jim Dine, Alex Katz, Donald Sultan folgten, mit ihnen auch der Touch von Pop Art. Der Einsatz für junge Talente, die mit den bereits Etablierten gezeigt werden, ist geblieben, ebenso das Gespür für Trends. Seit mehreren Jahren hat auch die Streetart Einzug bei Raab gehalten, Arbeiten von Ewen Gur, El Bocho, Harald Klemm oder Skenar73 zeugen davon wie Thomas Baumgärtels Spraybanane am Galerieeingang: die Kunst ist frei, Leben ist Kunst.

Dass es Ingrid Raab tatsächlich um eine beschwingte Leichtigkeit in der Kunst geht, beweisen die virtuos gemalten kleinen Tierbildnisse der in München lebenden Astrid Köhler, in denen Fuchs, Hase oder Storch mit erfrischendem Humor menschliche Züge annehmen. Es darf also auch gelacht werden bei der schönen Muse (Preise zwischen 350 und 65.000 €)