Hertha BSC braucht erst mal eine Pause
Angesichts der Fülle der Ereignisse im Spiel zwischen Hertha BSC und dem FC Bayern München ist eine Szene Mitte der zweiten Halbzeit fast ein wenig untergegangen. Das war als Tayfun Korkut, der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten, gleich dreimal auswechselte und unter anderem Marvin Plattenhardt aufs Feld schickte.
Die Besonderheit lag nicht darin, dass Plattenhardt, der frühere deutsche Nationalspieler, überhaupt mal wieder zum Einsatz kam. Zumindest nicht für Tayfun Korkut. „Marvin hat sehr gut trainiert. Er hat sich nicht hängen lassen“, sagte er. Das Besondere war die Position, die Herthas Trainer dem linken Außenverteidiger zugedacht hatte. Plattenhardt kam für Marton Dardai aufs Feld und nahm dessen Platz als halblinker Verteidiger in Herthas Fünferkette ein.
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Dahinter stand weniger eine brillante Idee von Tayfun Korkut, auf die zuvor noch niemand gekommen war. Die Entscheidung, Plattenhardt in der Innenverteidigung aufzubieten, war schlicht aus der Not geboren. Die angeschlagenen Fachkräfte Niklas Stark und Jordan Torunarigha standen Korkut gegen die Bayern nicht zur Verfügung, und bei Dardai, der unter anderem wegen einer Verletzung zwei Monate nicht mehr gespielt hatte, schwanden langsam die Kräfte.
Dass seine Improvisationskunst gefragt ist, ist für Herthas Trainer keine ganz neue Erfahrung. „Wir haben personell einige Sachen durchlebt und korrigieren müssen“, sagte er am Tag nach der 1:4-Niederlage gegen die Bayern. Manchmal komme er sich wie beim Puzzeln vor – wobei die Sache noch dadurch erschwert wird, dass einige Teile einfach nicht auffindbar sind. „Wir mussten die Kette immer wieder verändern, deswegen hatten wir nicht die Stabilität, die wir uns vorstellen“, sagte Korkut. Mit jetzt 42 Gegentoren nach 20 Spielen stellen die Berliner weiterhin die zweitschwächste Defensive der Liga.
Acht Spiele hat Korkut bisher als Hertha-Trainer hinter sich, aber noch nie hat er zweimal hintereinander dieselbe Startelf aufs Feld schicken können. Gegen Bayern fiel neben Stark und Torunarigha kurzfristig auch noch Davie Selke aus, der positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Dabei wäre nach Korkuts Einschätzung „eine gewisse Stabilität in der Mannschaftsaufstellung“ mit das Wichtigste; mal zwei, drei Spiele hintereinander ohne viele Wechsel, damit sich die Fortschritte im Spiel verfestigten.
Am Wochenende stehen WM-Qualifikationsspiele an
Da trifft es sich ganz gut, dass die Bundesliga jetzt erst mal eine Pause einlegt. „Ich bin froh, dass wir Zeit haben“, sagte Korkut. Am Wochenende ruht der nationale Spielbetrieb, weil die Fifa den Termin jenseits von Europa für WM-Qualifikationsspiele reserviert hat. Für Hertha hätte es einen besseren Zeitpunkt gar nicht geben können: nach dem, was war, und bei dem, was kommt.
Die vergangene Woche mit den Niederlagen gegen Union und die Bayern hat Hertha hart getroffen. Dass Trainer Korkut sich trotzdem optimistisch gibt, ist Teil seines Jobprofils. „Auch solche Spiele werden uns nicht umhauen. Da bin ich mir sicher“, sagte er. „Die Mannschaft gibt mir nicht das Gefühl, dass sie irgendwelche Fragezeichen hat. Ganz im Gegenteil. Die Mannschaft ist intakt.“
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Durch die Pause gewinnt Herthas Trainer wertvolle Zeit. Im Idealfall kehren die angeschlagenen und kranken Spieler aufs Feld zurück, machen auch die Rekonvaleszenten wichtige Fortschritte. Zumal nach der Unterbrechung zwei wegweisende Spiele anstehen: zunächst zu Hause gegen Bochum, dann beim – nicht mehr ganz so abgeschlagenen – Tabellenletzten Fürth. In der Hinrunde holte Hertha aus diesen Paarungen gegen die beiden Aufsteiger die ersten Punkte und Siege der Saison.
Wenn es nach der Pause weitergeht, werden schon deshalb einige Dinge geklärt sein, weil dann auch die aktuell noch laufende Transferperiode beendet ist. Noch wuchern die Spekulationen. Wird Lucas Tousart auch noch verliehen? Geht Dennis Jastrzembski? Was ist mit Stark? Vor allem aber: Wer kommt noch? Vielleicht Stuttgarts Marc-Oliver Kempf?
Stevan Jovetic tut Hertha BSC gut
Unabhängig von möglichen Verpflichtungen hofft Korkut, dass nach der Pause alle Spieler, die verletzt oder erkrankt waren, wieder so weit sind, „dass ich wirklich entscheiden muss, wen ich auf den Platz stelle“. Vor allem für Stevan Jovetic könnte sich die spielfreie Zeit als wertvoll erweisen.
Gegen die Bayern feierte der Stürmer zwar nach vierwöchiger Verletzungspause sein Comeback, doch nach nur zwei Trainingseinheiten mit dem Team fehlte ihm naturgemäß noch einiges. Trotzdem, so Herthas Trainer, habe man gesehen: „Wenn ein Jovetic auf den Platz kommt, bewirkt das was in der Mannschaft.“ An Herthas spätem Ehrentreffer war er zumindest mittelbar beteiligt.
Für Freitag haben die Berliner noch ein Testspiel gegen den polnischen Erstligisten Lech Posen anberaumt. Die Frage ist, wie Korkut damit umgeht: Kommen die Spieler zum Einsatz, die zuletzt eher weniger gespielt haben? Oder nutzt Herthas Trainer die Partie, damit sich seine vermeintliche Stammelf einspielen kann? „Gute Frage“, antwortete er. „Die kann ich Ihnen noch nicht beantworten. Wir müssen erst mal schauen, wie es den Spielern geht, die noch angeschlagen sind.“