Gäste aus Rumänien bei Young Euro Classic: Griff nach nach den Sternen

Überraschend und atemlos eröffnen die jungen rumänischen Musiker:innen den Abend mit der Festival Hymne von Iván Fischer – dann erst betritt ihre Dirigent Cristian Mandeal die Bühne des Konzerthauses. Das nationale Jugendorchester Rumäniens, gegründet 2008, spielt bereits zum siebten Mal beim „Young Euro Classic“-Festival.

Direkt an die erwartungsvolle Spannung des Hymnen-Auftakts schließt sich Alin Constantin Chelârescus „Panicandemica“ (2021) an. Das Stück des jungen Absolventen der Musikuniversität Bukarest setzt sich mit den Erfahrungen der Corona-Pandemie auseinander. Die Sphären von „Tragik und Angst“, „Paranoia und Trauer“, die schon Ralf Kleindieck, der Pate des Abends, in seinen einleitenden Worten heraufbeschworen hatte, finden im Stück zu klanglicher Umsetzung: Abwärts rasende Tonleitern in den Streichern fusionieren bald mit anfangs kontrastierenden Bläsersätzen in langen Noten, münden schließlich wild mäandernd in freie, rezitativhafte Formteile.

Streicher imitieren das Einschlagen von Sargnägeln

Hier breitet die Solovioline folkloristisches Motivmaterial aus und wird dabei beständig durch Klopfgeräusche der Streicher unterbrochen, die mit dem untersten Teil des Bogens erzeugt werden. Letztere sollen das „Einschlagen von Sargnägeln“ darstellen. Neben dem immanent pathetischen Programm sind für das Stück, dessen Titel ja Wortspiel aus Panik und Pandemie ist, musikalisch vor allem die ostinativ-kreisenden, loopartig repetierenden Elemente charakteristisch.

Befreites Musizieren der Solisten

Die blockartige Reihung von musikalischen Ideen ist gleichermaßen Stilmerkmal des großen französischen Komponisten Francis Poulenc. Letzterer bleibt nach wie vor unangemessen unterrepräsentiert in Konzertprogrammen. Umso erfreulicher, sein Konzert für zwei Klaviere und Orchester zu erleben. Die rumänischen Pianisten Oxana Corjos und Cristian Niculescu spielen die Musik Poulencs in befreitem Duktus. 

Wie zauberhaft diminuiert Niculescu beispielsweise die Trugschlusskadenz à la Mozart des zweiten Satzes ins Pianissimo hinein. Hier liegt aber auch die Crux bei der Sache: Das fantastische Ende der Klavierphrase wird durch die einsetzenden Streicher überdeckt. So wäre stellenweise mehr koordinierte Hingabe zum Detail wünschenswert, gerade auch in Bezug auf rhythmische Präzision allgemein und in Übergängen speziell.

Umso besser geprobt erscheint Schuberts 8. Symphonie in C-Dur, genannt „die Große“. Respektabel ist die Ausführung durch das Jugendorchester, und doch stellt sich die Frage, ob denn der Griff nach den Sternen alternativlos ist. Das Scherzo gerät kaum vivace, das furiose Finale hingegen bringt das Blech in Bedrängnis, das den fliegenden Streicherkaskaden immer etwas nachstolpert. Bei Schubert gerät das Orchester an seine Belastungsgrenze. Aber das liegt nun mal in der Natur der Sache des Erklimmens eines symphonischen Olymps.