Die sechs wichtigsten Kinostarts der Woche: Wenn John Wick plötzlich zum Schutzengel wird
Colin Farrell torkelt als trunksüchtiger Hochstapler, der dringend Geld auftreiben muss, durch das Spielerparadies Macau. Julia Roberts ist in „After the Hunt“ als Uni-Professorin in einen MeToo-Fall verwickelt.
Ein erfolgloser Schreiner plant als „The Mastermind“ einen Kunstraub. Keanu Reeves verlässt das Action-Genre aus John Wick und Matrix und wird in „Good Fortune“ zum Schutzengel. Und eine RomCom bieten die Kinostarts der Woche ebenfalls.
1 Ballad Of A Small Player
Ein Gespenst geht um in Macau, und es ist sicher nicht der Kommunismus. Die Einheimischen nennen es Gweilo, fremder Geist, es lügt und betrügt, schwitzt und atmet schwer, die eigene Auflösung fürchtet und ersehnt es gleichermaßen. Eine Gestalt gibt ihm Colin Farrell, der im neuen Film von Edward Berger („Im Westen nichts Neues“, „Konklave“) als spiel- und trunksüchtiger Hochstapler durch die Glücksspielmetropole und chinesische Sonderverwaltungszone taumelt.
Im Rausch der Farben und Lichter dürstet der hoffnungslos verschuldete und polizeilich gesuchte Engländer, der sich selbst Lord Doyle nennt, immerfort nach dem einen großen Gewinn, der alle seine Probleme lösen soll. Drei Tage hat der falsche Lord noch Zeit, um sich aus dem Wasser, das ihm längst bis zum Hals steht, vor dem Ertrinken zu retten – länger lassen sich Banken und andere Instanzen nicht mehr hinhalten.
Colin Farrell ist in „Ballad Of A Small Player“ in Hochform, wie auch Tilda Swinton, die eine für den Film neu erfundene exzentrische Privatdetektivin gibt. Mit erstaunlich dilettantischen Methoden will sie unbürokratisch eine hohe Summe eintreiben, die der Gauner einer alten Dame entwendet hat, Charmeoffensiven und Bestechungsversuche lässt sie an sich abprallen. Mit ihrer Figur weht ein Hauch von Wes Anderson in diese Netflix-Produktion, der allerdings auch dafür sorgt, dass sie im stimmig-apokalyptischen Wimmelbild ein störender Fremdkörper bleibt. (Claudia Reinhard)
2 Good Fortune – Ein ganz spezieller Schutzengel
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Das Heist-Movie ist das Genre der Gentlemen-Gauner, Superhirne und minutiös geplanter Diebstähle. Doch ein Mastermind ist J.B. Mooney (Josh O’Connor) nicht. Der ehemalige Kunstgeschichtsstudent und erfolglose Schreiner hat irgendwann aufgegeben, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Jetzt plant er einen Diebstahl in einem kleinen Museum im provinziellen Neu-England.
Die Protagonisten der Regisseurin Kelly Reichardt sind verlorene Gestalten an der Peripherie der amerikanischen Gesellschaft, Genres interessieren sie nur als Beschreibungen von sozialen Dynamiken. Und J.B. ist ein ganz spezielles Exemplar. Die Polizei findet die Täter logischerweise schnell, aber da hat Reichardt das Genre auch schon wieder gewechselt.
J.B. begibt sich auf eine recht ziellose, wunderbar mäandernde Flucht, während um ihn herum die revolutionären 1970er-Jahre eskalieren – für den antriebslosen Totalverweigerer allerdings nur im Fernsehen. Josh O’Connor gewinnt ihm, durch seine Mimik und Körpersprache, eine tragikomische Note ab. Kelly Reichardt hat ein Herz für solche schrägen Gestalten. (Andreas Busche)
4 After the Hunt
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Agathe (Camille Rutherford), eine Buchhändlerin, die für jede Lebenslage den passenden Jane-Austen-Roman parat hat und von ihrem Mr. Darcy träumt, steckt fest. Das findet zumindest ihr bester Freund Félix (Pablo Pauly), der heimlich den Anfang ihres eigenen Romans in der „Jane Austen Writers’ Residency“ einreicht. Widerwillig verlässt sie ihre Komfortzone und Frankreich und lässt sich auf die Reise zum englischen Landsitz ein.
Empfangen wird sie von Oliver (Charlie Anson), der Hugh-Grant-mäßig verwirrt durch die Gegend guckt und schweigt. Er ist Jane Austens Ur-Ur-Ur-Urgroßneffe, hält ihre Literatur jedoch für überbewertet – Grund genug für Agathe, ihn nicht zu mögen. Doch wie der Zufall es will, kreuzen sich ihre Wege immer wieder. Allerdings ist da auch noch Félix, der Agathe vor ihrer Abfahrt geküsst hat.
Von ihrem Schreiben erfährt man leider wenig. Trotzdem macht es Spaß, der Heldin auf der Suche nach ihrem Glück zu folgen: eine zeitlose RomCom, die einen mit einem warmen Gefühl zurücklässt. Auch die Zweisprachigkeit ist originell – es lohnt sich, den Film in Originalsprache zu sehen. (Emma Rotermund)
6 Ai Weiweis Turandot
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