Die Messe Positions bei der Berlin Art Week: Wo die Kunst nahbar ist
Trash Talk mit den Messedirektoren? Über alles außer Kunstmarkt reden? Man denkt an Handkes „Publikumsbeschimpfung“, stellt sich Kristian Jarmuschek und Heinrich Carstens in der Rolle der Muppet-Oldies Waldorf und Statler vor. Doch es wird keine Schimpfwörter hageln, versichern die Positions-Macher. Ohne Bierernst darf hinter die Kulissen geblickt, Persönliches gefragt werden, und natürlich sind Kunst und Markt kein Tabu.
„Es soll keine Promo-Veranstaltung sein“, sagt Kristian Jarmuschek, „sondern ein Stück Nahbarkeit spiegeln.“ Vielleicht ist das neben der Hartnäckigkeit ihr Erfolgsgeheimnis. Zwar gehört die Positions nicht zu den High-end-Messen, dafür ist sie in ihrem neunten Jahr gestärkt aus der Pandemie hervorgegangen.
„Nach all den Widrigkeiten fühlt es sich jetzt an, als würden wir die Messe aus den Ärmeln schütteln“, so Carstens augenzwinkernd. „Aber die Besucherschlangen bis zum Columbiadamm haben auch gezeigt: Wir werden gebraucht.“
88 Galerien aus 20 Ländern und insgesamt fünf Kontinenten – aus Australien ist beispielsweise ACAE Gallery angereist, aus Südkorea Sahngup, Christopher Cutts aus Kanada und RK Contemporary aus Südafrika – konkurrieren um die Gunst der Sammler:innen. Der Fokus auf osteuropäische Galerien ist nicht zuletzt der Förderung durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft zu verdanken. Die unterstützt auch hiesige Galerien sowie die Fashion Positions, kuratiert von der Hutmacherin Fiona Bennett.
Der Schwerpunkt der Messe liegt wie gewohnt auf zeitgenössischer Kunst und Malerei – unter anderem von Stella Meris bei Anahita Contemporary oder Janis Sneiders (Maksla XO). Die Galerie Melbye-Konan aus Hamburg präsentiert neben Yannick Ackah zwei weitere Künstler:innen von der Elfenbeinküste. Malerei der Nachkriegszeit zeigt die Zellermayer Galerie mit der Schweizerin Petra Petitpierre; eine Entdeckung sind außerdem die surreal-kubistischen Figurinen von Eugene James Martin bei Maus Contemporary aus Alabama.
Skulpturen steuern Maja Babic Košir bei Ravnikar aus Ljubljana bei sowie der von Braunbehrens vertretene ukrainische Künstler Aljoscha. Starke Fotografien gibt es bei Baudelaire aus Antwerpen von Jacquie Maria Wessels und bei Artco mit dem fantastischen Saïdou Dicko.
Klassische Moderne offerieren Kunsthändler wie Dr. Nöth oder Thole Rotermund aus Hamburg sowie der Messe-Neuzugang Akim Monet Fine Arts aus Dallas, wo zwischen Auguste Rodin oder George Grosz Arbeiten von James „Yaya“ Hough zu sehen sind und Paul McCarthys Collage „I Think This Is Your Beer (Kill the man)“. Womit wir dann doch wieder bei Kunst sind, die Trash und Provokation feiert.
In diesem Sinne zeigt eine Sonderausstellung Bilder des US-amerikanischen No!art-Künstler Bories Lurie. Weniger drastisch als Luries Darstellungen der Shoah und von PinUps sind die feministischen Fotografien der kürzlich verstorbenen Natalia LL, deren „Consumer art“ bei lokal_30 aus Warschau zu entdecken ist.
Wiederentdeckungen stehen auch in der Sektion Artima Positions auf dem Programm. In einer Sonderschau präsentiert die Galerie Georg Nothelfer in Kooperation mit der Mannheimer Versicherung die Künstlerin Galli, um die es eine Zeit lang ruhig geworden war.
Gespannt sein darf man auf den erstmals ausgelobten Best Booth-Award der Kunstversicherer Zilkens – und darauf, ob sich der Preis generell animierend auf die Standgestaltungen auswirkt. Im Rahmen der Academy Positions können sich 27 Absolvent:innen von Kunsthochschulen aus Deutschland und Ljubljana mit dem Kunstmarkt vertraut machen: Zwei von ihnen werden mit dem Berlin Hyp-Preis ausgezeichnet. Die aktuelle Sonderpräsentation zeigt die letztjährigen Preisträgerinnen Jaeyun Moon und Maria Seitz.
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