Die Geisterspiele sollen die wütenden Japaner beschwichtigen
Es ist das mindeste Zugeständnis, das die Veranstalter dem japanischen Volk machen konnten: Die Olympischen Spiele in diesem Sommer in Tokio werden vor leeren Rängen ausgetragen. Zu groß waren und sind die Widerstände gegen das sportliche Riesenevent. Vor wenigen Monaten noch waren fast 80 Prozent der Japaner für eine Olympiaabsage.
Nun, zwei Wochen vor Beginn der Wettkämpfe, breitet sich die Delta-Variante des Coronavirus immer schneller in dem Land aus. Wer etwa nach England blickt, wo sich die Inzidenz der 300er-Marke nähert und 60.000 grölende Fans Fußballspiele in einem Stadion ansehen, reibt sich die Augen ob der Vorsicht in Japan. Der Inzidenzwert dort liegt bei vergleichsweise mickrigen zehn.
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Doch die Japaner sind sensibler im Umgang mit Virusinfektionen. Hinzu kommt, dass erst 15 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft sind. Die Entscheidung der japanischen Regierung um Premierminister Yoshihide Suga, keine Zuschauer zu den Spielen zuzulassen, ist nicht von dem Gedanken der Vernunft getragen. Sie ist in erste Linie eine politische.
Im Herbst will Suga wiedergewählt werden. Seit Monaten schon kämpft er mit schlechten Umfragewerten. Sein rigoroses Festhalten an den Olympischen Spielen in Zeiten der Pandemie ist ein zentraler Grund dafür. Mit den Geisterspielen hofft er einen Kompromiss zu finden. Suga will die Bürger nicht weiter gegen sich aufwiegeln und gleichzeitig diese vermaledeiten Spiele irgendwie über die Bühne bringen, damit es nicht zu einem veritablen Milliardengrab für das Land wird.
Es ist schon paradox: Panem et circenses – Brot und Zirkusspiele, hieß es früher. Die Spiele waren dafür da, das Volk ruhig zu stimmen. In Japan verhält es sich umgekehrt. Sie haben die Protestlust und die Wut der Menschen geweckt.