Die deutschen Alpinen haben Nachholbedarf

Die alpinen Pisten dieser Winterspiele erlangten zweifelhafte Bekanntheit, bevor die Wettkämpfe überhaupt begonnen haben. Inmitten einer braunen Gebirgswelt schlängelt sich ein weißes Band mit Kunstschnee. Diese Bedingungen, so wenig winterlich sie erscheinen mögen, sorgen nach Halbzeit der alpinen Wettbewerbe für nur wenige Überraschungen bei der Medaillenvergabe.

Eurosport-Experte Fritz Dopfer, der seine alpine Leistungssport-Karriere vor zwei Jahren beendete, hat genau das vorhergesehen. „Alle Alpin-Strecken sind sehr selektiv – mit steilen Passagen, anspruchsvollen Geländeübergängen und Flachstücken. Es wird keine Zufallssieger geben“, hatte er unmittelbar vor dem Auftakt der Spiele dem Tagesspiegel gesagt. „Athlet:innen mit einer sauberen Technik, großer Risikobereitschaft und einer schnellen Lernfähigkeit werden hier ganz oben stehen.“

Natürlich hätte es sich der einstige Technik-Spezialist gewünscht, dass die langjährigen deutschen Weggefährt:innen mehr Grund zum Jubeln haben. Lena Dürr, mit der Fritz Dopfer seit zehn Jahren liiert ist, hatte im Slalom nur hauchdünn eine Platzierung auf dem Podium verpasst. Im Vergleich zu den Eindrücken der Weltmeisterschaft 2021, als das deutsche Team drei Silbermedaillen und einmal Bronze gewann und besonders in den Speed-Disziplinen überzeugte, fällt die olympische Zwischenbilanz allerdings bescheiden aus. Neben Kira Weidle in der Abfahrt hat noch das Team im Mannschafts-Event die Aussichten auf eine Top-Platzierung. Die Ausbeute dürfte angesichts der starken Konkurrenz aber nicht mehr zu üppig ausfallen.

Mit den Top-Nationen mithalten

Dopfer spricht in seiner Analyse des deutschen Teams von Wellenbewegungen. Dabei bezieht er sich nicht nur auf die konkreten Ergebnisse bei Großevents, sondern auch vom grundlegenden Potenzial des deutschen Kaders, Spitzenergebnisse zu erzielen. „Am Ende müssen sehr viele Rädchen ineinandergreifen, damit eine Athletin oder ein Athlet erfolgreich sein kann. Ich weiß auch, dass der Deutsche Skiverband im Nachwuchsbereich sämtliche Hebel ansetzt, um in allen Disziplinen erfolgreich zu sein.“

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DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier weiß um die große Herausforderung für die deutschen Skifahrer:innen, mit den Top-Nationen mitzuhalten. „Wir sind in Deutschland kein klassisches Wintersportland, wie es die Schweiz, Österreich, Italien oder die skandinavischen Länder sind“, sagt er dieser Zeitung, „wir versuchen vieles zu kompensieren mit einem gewissen Know-how, effizienten Strukturen und top ausgebildetem Personal, weil wir sonst international aufgrund der Rahmenbedingungen keine Chancen hätten.“

Es sei deshalb besonders wichtig, darin sind sich beide einig, dass trotz der voranschreitenden klimatischen Veränderungen, die Leidenschaft für Wintersport erhalten bleibt. Dopfer sagt: „Ich habe erst kürzlich gelesen, dass 63 Prozent der sportlich aktiven Deutschen bereits einmal Wintersport betrieben haben. Das entspricht einer Gesamtzahl von 27,7 Millionen Wintersportlern über 13 Jahren. Das sind beeindruckende Werte, die uns ermutigen sollen, die Faszination des Wintersports an Kinder, Schüler und Jugendliche weiterzugeben.“